PEN Berlin: Wir trauern um Georg Stefan Troller

Wir trauern um Georg Stefan Troller

Georg Stefan Troller
Georg Stefan Troller (1921 – 2025) im Jahr 2011 im ZDF. Foto: Bodo Witzke / CC

Wir trauern um Georg Stefan Troller. Er ist am Samstagmorgen in Paris im Alter von 103 Jahren gestorben. Troller war seit 2023 Ehrenmitglied des PEN Berlin – ein Emigrant, Chronist und Humanist, dem die Freiheit des Wortes und die Würde des Menschen Maßstab und Maßnahme waren. 

Geboren 1921 in Wien, floh Troller 1938 vor den Nationalsozialisten, erhielt 1941 ein US-Visum und wurde 1943 zur US-Armee eingezogen. Am 29. April 1945 war er an der Befreiung des KZ Dachau beteiligt; 19 Angehörige seiner Familie wurden im Holocaust ermordet. 1949 ließ er sich in Paris nieder – die Stadt wurde sein Arbeits- und Lebensort.

Mit dem Pariser Journal« (ARD/WDR, 1962–71) prägte Troller das deutschsprachige Fernsehen; es folgte die ZDF-Reihe »Personenbeschreibung« (1972–93). Sein subjektiver, respektvoll insistierender Blick und mehr als tausend Porträts machten ihn zu einer Instanz der Fernseh- und Dokumentarkultur.

Als Drehbuchautor erzählte Troller – gemeinsam mit Axel Corti – die Emigrations-Trilogie »Wohin und zurück«: An uns glaubt Gott nicht mehr (1982), Santa Fe (1985/86) und Welcome in Vienna (1986), letzterer als österreichischer Beitrag für den Auslands-Oscar eingereicht. Diese Filme gehören zu den eindringlichsten künstlerischen Selbst- und Zeitbeschreibungen der Nachkriegszeit.

Neben rund 170 Dokumentarfilmen veröffentlichte Troller mehr als 20 Bücher – darunter die autobiographische »Selbstbeschreibung« – und schrieb bis zuletzt eine monatliche Kolumne in der Literarischen Welt. Seine Arbeit verband historische Erfahrung mit Gegenwartshellsichtigkeit: eine Schule des genauen Hinsehens, der Empathie und der intellektuellen Redlichkeit.

Für PEN Berlin bleibt Georg Stefan Troller Vorbild: als Künstler des Gesprächs, als Verteidiger der offenen Gesellschaft, als Kämpfer gegen Faschismus und Antisemitismus und als Zeuge eines Jahrhunderts, in dem die Freiheit des Wortes mehrfach verloren gegangen ist und wieder erkämpft wurde. Sein Werk erinnert uns daran, dass Freiheit nicht bloß ein Zustand ist, sondern immer auch eine Haltung, ein Imperativ, und zeigt beispielhaft, dass Sprache mehr vermag als festzustellen: Sie kann retten, bewahren, verwandeln.

PEN Berlin. Wir stehen im Wort.

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