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[Interviews, namentlich gezeichnete Beiträge oder offene Briefe, die einzelne Boardmitglieder unterzeichnet haben, geben nicht notwendig die Ansichten des gesamten Boards des PEN Berlin wieder.]

September 2024: Gesprächsreihe »Das wird man ja wohl noch sagen dürfen«
(außerdem: Joe Chialo, Yavuz Ekinci, ilb)

Zur Gesprächsreihe »Das wird man ja wohl noch sagen dürfen«

ARD, Titel, Thesen, Temperamente, Beitrag von Rayk Wieland, 1. September 2024 [aus Chemnitz, Plauen, Torgau, Gera und Heiligenstadt]: »Eine Reise, ja eine ganze Tournee durch den Osten Deutschlands unternahm die Vereinigung deutsch schreibender oder im deutschsprachigen Raum lebender Schriftsteller, kurz: der PEN Berlin. Und der tritt ja naturgemäß für die Freiheit des Wortes ein. Und um genau die macht sich der PEN aber jetzt Sorgen: ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹. Darf man? Bei den Tourveranstaltungen des PEN jedenfalls schon. Keine Meinungskorridore, keine Sprachverbote, keine Cancel Culture. Die wirklich freie Rede war gefordert – ausgerechnet von jener Kulturinstitution, der rechte Populisten gerne ›Meinungsbevormundung‹ attestieren. Und wie hat das funktioniert mit der Unzensur on Tour? Wir sind ein Stück mitgereist.« LINK und AUDIO

Achse des Guten, Bericht von Vera Lengsfeld, 2. September 2024 [aus Nordhausen]: »Die Idee zu dieser Gesprächsreihe vom PEN Berlin war einfach großartig. Nach mehreren Veranstaltungen in sächsischen und thüringischen Städten kann man schon sagen, dass sie auch funktioniert. Dafür war der Abend im Nordhäuser Theater am 27. August ein weiterer Beweis. Nicht weil, wie die FAZ behauptete, ›intellektuelle oder politische Prominenz welcher Art auch immer in die Provinz einfällt, um dort den Hauch der großen weiten Welt zu versprühen‹. In Frankfurt/Main hat man immer noch nicht den Hochmut gegenüber dem Osten abgelegt. Nein, funktioniert hat es, weil jeder im Publikum zu Wort kam und angehört wurde, egal, ob es der Mehrheit passte oder nicht.« LINK

Tagesspiegel, Interview von Katharina Henke mit Eva Menasse, 5. September 2024 [zum Start in Brandenburg]: »Wir haben uns nicht eingebildet, dass wir viel ändern können, aber wir wollen klarmachen, was Meinungsfreiheit bedeutet. Nämlich, dass man Dinge sagen kann, ohne seinen Job zu verlieren und ohne in Haft gesteckt zu werden, wie es leider in vielen Ländern der Welt passiert. (…) In den 20 Jahren, in denen ich teilweise in Brandenburg lebe, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass wir einfach auch mal Fünfe gerade sein lassen sollten. Nur weil jemand irgendwelche Begriffe verwendet, die in der Großstadt als nicht mehr korrekt oder verletzend begriffen werden, können wir doch trotzdem mit ihm oder ihr weiterreden. Man sollte sich nicht so sehr an der Oberfläche des Gesprächs festmachen, sondern am Inhalt und daran, ob der Mensch überhaupt an Verständigung interessiert ist.« LINK [€]

radio eins [rbb], Der schöne Morgen, Gespräch von Marco Seiffert und Tom Böttcher mit Deniz Yücel, 5. September 2024 [zum Start in Brandenburg]: »Ich würde eher nicht von einer ›gespaltenen Gesellschaft‹ reden, weil ich nicht weiß, was das Gegenteil davon sein soll. Ich glaube, wir haben es mit einer gespaltenen Öffentlichkeit zu tun. (…) Und da war die Idee, vor Ort für den jeweiligen Abend, diese Spaltung von Öffentlichkeit zu überwinden, ein gemeinsames Gespräch auf die Reihe zu bekommen. Aber der Erfolg dieser Reihe bemisst sich nicht allein daran, wie viele Teilnehmer von Montagsdemonstrationen oder Wähler der AfD an diesen Veranstaltungen teilnehmen. Sie sind natürlich herzlich eingeladen. Aber es geht auch darum den anderen – die ja auch nicht alle gleich sind, nur, weil sie nicht AfD wählen – einen anregenden Abend zu geben. Und die Kultureinrichtungen, mit denen wir zusammenarbeiten, zu unterstützen, weil die unter zum Teil sehr schwierigen Bedingungen arbeiten.« LINK und AUDIO

radio drei [rbb], radio 3 am Morgen, Gespräch von Frank Meyer mit Deniz Yücel, 5. September 2024 [zum Start in Brandenburg]: »Eine besondere Veranstaltung war die in Torgau, da hatten wir Patrick Bahners von der FAZ und Ralf Schuler, lange bei der Bild, heue Politikchef nius, wo wir im Publikum auch den höchsten Anteil von Leuten hatten, die der AfD zugeneigt sind. (…) Da waren auch Stadträte der AfD dabei, das war ungefähr halbe-halbe das Publikum. Das war eine sehr hitzige, aber am Ende auch konstruktive Diskussion. (…) Das sticht ein bisschen heraus, weil wir noch einige andere, ich sag mal: Kritiker der Brandmauer eingeladen haben. Also Leute, die als Journalisten, Publizisten, Schriftsteller einen Namen haben, aber politisch an einer bestimmten Stelle stehen: rechts von der Union. Uwe Tellkamp zum Beispiel hat abgelehnt – um dann drei Tage nach unserer Veranstaltung in Torgau, lustigerweise im Interview mit Ralf Schuler, sich darüber zu beklagen, dass man ihn nirgendwohin einladen würde. Das ist offenbar die bequemere Position. (…) Aber mehr als Einladungen aussprechen können wir nicht.« LINK und AUDIO

dpa, Bericht von Verena Schmitt-Roschmann, übernommen u.a. von der Süddeutschen Zeitung, 6. September 2024, [zum Start in Brandenburg]: »Gut zwei Wochen vor der Landtagswahl geht die Gesprächsreihe ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹ in Brandenburg in die letzte Runde. (…). Für 37 Veranstaltungen hatte PEN Berlin insgesamt 118 Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Journalistinnen und Journalisten, Künstlerinnen und Künstler gewonnen. Zur Sprache kam dabei unter anderem die Befürchtung, dass die Meinungsfreiheit inzwischen in Deutschland eingeschränkt sei und etablierte Medien einseitig berichteten – mit Widerspruch auf den Podien oder aus dem Publikum. Darüber hinaus ging es um das Verhältnis zwischen Ost und West, um Unterschiede, Missverständnisse, aber auch um die Normalität.« LINK

Märkische Oderzeitung, Bericht von Boris Kruse, 6. September 2024 [zum Start in Brandenburg]: »›Das Publikum ist der vierte Gast auf der Bühne‹, sagt der Schriftsteller und Poetry-Slammer Aron Boks (27). Seine Aufgabe ist es bei allen Veranstaltungsabenden, den Kontakt zum Publikum herzustellen und auch kontroverse Äußerungen an das Podium weiterzuvermitteln. Boks sieht nach Ende der Veranstaltungen in Sachsen und Thüringen ›großen Diskussionsbedarf‹ in allen Orten, in denen der PEN-Debattenzirkus gastierte. ›Mit dem Fortschreiten der Veranstaltungsreihe wurde immer deutlicher, wie wichtig es ist, dass die Teilnehmer auch auf Vorreden eingehen können.‹ Zu den wiederkehrenden Themen gehörten unter anderem die Corona-Pandemie, in deren Folge, wie Aron Boks es wahrnimmt, das Vertrauen vieler Bürger in die etablierten Medien dramatisch gesunken sei.« LINK

radio drei [rbb], Die Weber 3, Gespräch von Antje Weber mit Deniz Yücel, 6. September 2024 [zum Start in Brandenburg]: »Wir leben natürlich nicht in einer Autokratie oder gar in einer Diktatur, es gibt keine strafrechtlichen Sanktionen. Aber die Grenzen dessen, was als zulässige, als akzeptable Meinung gilt (…), werden enger gefasst, weswegen ich glaube, dass diese Zahl von 44 Prozent, die inzwischen laut Allensbach der Meinung sind, dass man in Deutschland seine Meinung nicht frei äußern dürfe, nicht allein damit etwas zu tun hat, dass die Leute Meinungsfreiheit mit Widerspruchsfreiheit verwechseln.« LINK [ganze Sendung] und AUDIO

radio drei [rbb], radio 3 am Morgen, Bericht von Sabine Tzitschke, 7. September 2024 [aus Eisenhüttenstadt]: »Gestern Abend im Friedrich-Wolf-Theater hätten die Leute eine kluge Stimme gehabt auf der Bühne mit Svenja Flaßpöhler. Sie ist Unterzeichner des Appels ›Waffenstillstand jetzt!‹, sie hat Shitstorms erlebt, weil sie gegen die Impfpflicht argumentierte. Flaßpöhler erzählte, dass sie deshalb als ›AfD-Maulwurf‹ wahrgenommen und als Rechte stigmatisiert wurde. Deshalb habe sie irgendwann die Klappe gehalten, ›stillgehalten, damit ich mich nicht selbst zerstöre‹, sagt sie. So wie ihr gehe es vielen in Deutschland. (…) Allerdings sei sie noch nie mit dem Tod bedroht worden. Das ist beim zweiten Gast des Abends, ihrem Gesprächspartner auf der Bühne Ahmad Mansour schon anders. Der Islamismus-Experte tritt öffentlich nur noch unter Polizeischutz auf. Demokratie und Meinungsfreiheit sterben in Deutschland, sagt er, langsam und scheibschenweise.«  LINK und AUDIO

radio drei [rbb], Brandenburgische Gespräche, gekürzter Mitschnitt der Veranstaltung im Staatstheater Cottbus mit Jan Fleischhauer, Jana Hensel und Moderator Jörg Thadeusz, 10. September 2024: [Fleischhauer:] »Ich mache ja von meiner Meinungsfreiheit reichlich Gebrauch – manche meinen: zu reichlich. Insofern wäre es schon komisch, wenn ich mich darüber beklagen würde, es gäbe keine Meinungsfreiheit. Das hat ja hier auch die Nachfrage gezeigt: Ja, die Leute haben das Gefühl, es gibt Meinungsfreiheit. Aber, sagen wir mal, nicht so ganz uneingeschränkt. Und das sagen ja auch die Umfragen. (…)« [Hensel:] »Das Gefühl, das man nicht mehr alles sagen darf, ist ja eine reichlich zugespitzte Frage; wir wissen nicht, was die Leute jeweils darunter verstehen. Wir sind heute in Cottbus und das sind ja sozusagen auch Ost-West-Gespräche.« LINK und AUDIO

radio drei [rbb], radio 3 am Morgen, Anja Herzog im Gespräch mit Nora Bossong, 13. September 2024: [zur Veranstaltung in Perleberg]: [Herzog:] »Sie erhoffen sich eine große, offene Diskussionsrunde und nicht nur ein Duo auf der Bühne, das moderiert wird. Haben Sie verfolgt, wie die bisherigen Veranstaltungen gelaufen sind?« − [Herzog:] »Ich habe gehört, dass die meisten sehr erfreulich verlaufen sind, auch anstrengend. Es ist nicht so, dass man nur beklatscht wird. Es gibt auch sicherlich Meinungen, die von meinen persönlichen recht weit abweichen. Aber wir sind da ja nicht, um uns selbst zu applaudieren und immer nur unsere Meinungen vor uns herzutragen, sondern auch kontrovers zu streiten und zuzuhören.« LINK und AUDIO

radio drei [rbb], radio 3 am Morgen, Katja Weber im Gespräch mit Pinar Atalay, 16. September 2024: [zur Veranstaltung in Brandenburg an der Havel]: [Herzog:] [Weber:] »Sie waren für RTL aktuell vor den Landtagswahlen unterwegs (…), Sie waren auch in Brandenburg, und zwar in Guben in der Niederlausitz. Was darf man den dort, gefühlt oder tatsächlich, nicht sagen?« − [Atalay:] »Was ich da gespürt habe, ist, dass die Menschen über die Jahrzehnte immer wieder das Gefühl hatten, dass man Sie nicht hört. (…) Aber wenn ich versucht habe zu sprechen, wollten viele nicht, weil sie mich als Vertreterin der Medien gesehen haben: ›Ihr hört uns doch eh nicht zu; ihr wollt doch sowieso nicht wissen, was mit uns ist. (…)« − [Weber:] »Ich hätte gedacht, dass ist ein Anwurf, der exklusiv an die Öffentlich-Rechtlichen ergeht. (…)« − [Atalay:] »Bei mir ist es ja eine spezielle Mischung; ich war bei den Öffentlich-Rechtlichen und bin jetzt bei RTL. Es ist aber dieses insgesamte Gefühl, es wird sehr verallgemeinert: die Medien, die Politik. (…) Da wäre mein Wunsch, ein bisschen zu differenzieren − genauso wie ich und Journalisten nicht sagen sollten: der Osten. Es gibt nicht den Osten.« LINK und AUDIO

Märkische Allgemeine, Bericht von Heiko Hesse, 18. September 2024 [aus Brandenburg an der Havel]: »Für Gustav Seibt bedeutet die Meinungsfreiheit ›auch die Freiheit, seine Meinung ändern zu können‹. Er erschrecke sich manchmal über frühere Irrtümer und entdecke ab und an frühere Erkenntnisse. Dem fast bis auf den letzten Platz besetzten Theatersaal ruft er zu: ›Wechseln Sie gelegentlich Ihre Meinung, es ist ungeheuer befreiend.‹ Eine Zuschauerin meinte, dass es mit der Meinungsfreiheit nicht weit gediehen sei, wenn der umstrittene Volkswirt und Autor Thilo Sarrazin von einer Veranstaltung ausgeladen werde. ›Um Herrn Sarrazin brauchen wir uns keine Sorgen zu machen‹, sagte Michel Friedman. ›Seine Bücher sind nicht verboten, es gibt genug Säle, wo er aufgetreten ist.‹ Auch er gefalle nicht jedem Veranstalter, sagte Friedman. ›Wenn der mich nicht einlädt, dann ist das eben seine Sache.‹« LINK

Märkische Allgemeine, Bericht von Karen Grunow, 19. September 2024 [aus Ludwigsfelde]: »Frédéric Schwilden, Journalist der Welt, Schriftsteller und Fotograf, übernimmt charmant. ›Gibt es in Deutschland Meinungsfreiheit? Und los!‹, fordert er Juli Zeh und Constantin Schreiber. Beide einigen sich auf ein ›Ja, aber‹. Während der Corona-Pandemie habe sie die Erfahrung machen müssen, dass sie eben nicht mehr so reden konnte, ›wie mir der Schnabel gewachsen ist‹, sagt Juli Zeh. ›Ich habe gemerkt, wie ich angefangen habe, mich selber zu zensieren.‹ Schnell sind sie im Gespräch, Constantin Schreiber (…) erzählt von seinen Erfahrungen als Journalist und der Neutralität, der er sich unbedingt verpflichtet fühlt. Es wird das Thema des Abends: die Rolle der Medien, die Aufgabe von Journalisten.« LINK

WDR Cosmo, erster Bericht von Emily Thomey, 19. September 2024 [aus Eberswalde]: »Die Stadtbibliothek in Eberswalde war so voll, dass nicht alle Menschen, die kommen wollten, Platz gefunden haben. Auf der Bühne haben der Autor Philipp Ruch und der Dramaturg Bernd Stegemann kontrovers diskutiert. Auch das Publikum hat in den über zwei Stunden immer wieder mitgeredet, gelacht und auch ernsthaft, aber sachlich gestritten. Es waren im Raum auch ein paar Menschen, die vermutlich zumindest AfD-nah waren. Die waren aber definitiv in der Minderheit, was Initiator Deniz Yücel auch bei den anderen Abenden der Reihe beobachtet hat. [Yücel:] ›Natürlich sind alle eingeladen. (…) Und in diesem Milieu, und das kann ich nach über dreißig Veranstaltungen sagen, ist die Bereitschaft, sich solchen Auseinandersetzungen zu stellen, geringer.‹« AUDIO

WDR Cosmo, zweiter Bericht von Emily Thomey, 19. September 2024 [aus Eberswalde]: [Kassel:] »Der Poetry Slammer Aron Boks hat zum Anfang eine sehr humorvolle Umfrage mit dem Publikum gemacht, wo mit Handzeichen auf Fragen geantwortet wurde: Wer findet, Lügenpresse ist ein böses Wort Wer findet, da ist was dran? Wer hält Badekleidung für überflüssig? (…) Dadurch war die Stimmung sehr gelöst. Von außen, würde ich sagen, sah das Publikum wenig divers aus: Fast nur Menschen über 50 Jahre, keine People of Colour, kaum junge Gesichter. In der Diskussion waren dann aber sehr unterschiedliche Meinungen zu hören, vor allem eben für und auch gegen ein Verbot der AfD.« AUDIO

rbb inforadio, Gespräch von Dörthe Nath mit Eva Menasse, 19. September 2024 [vor dem Abschluss]: »Wir sind sehr zufrieden als Veranstalter mit der Reihe, weil es in vielen dieser Veranstaltungen, großen und kleinen und zum Teil tief in der Provinz in Sachsen und Thüringen und auch in Brandenburg kathartische Momente gab: Wo Menschen aufstanden und ihre Lebensgeschichte erzählt haben, ihre Nachwende-Erfahrungen – also alles, was als unbearbeitetes, traumatisierendes Material in ihnen steckt. Und unser Eindruck ist wirklich, das genau das fehlt: Plattformen, wo die ganz normale Menschen zu Wort und auch miteinander ins Gespräch kommen. Wir hatten zum Beispiel immer wieder innerhalb des Publikums große Differenzen zur Frage Ukraine-Krieg: Wer ist schuld, wie sollte man damit umgehen? Und ich fand immer dann die Veranstaltungen besonders gelungen, wenn die Menschen im Saal miteinander zu diskutieren begonnen haben.« LINK und  AUDIO

rbb inforadio, Gespräch von Dieter Kassel mit Deniz Yücel, 19. September 2024 [vor dem Abschluss]: [Kassel:] »Ich weiß, dass Sie überall dabei waren. (…) Gab es denn bei der Atmosphäre, die bei den Veranstaltungen herrschte, bei dem, was dann tatsächlich gesagt wurde und wo vielleicht auch Grenzen lagen, Unterschiede zwischen den Bundesländern oder gar einzelnen Regionen?« – [Yücel:] »Ich finde es immer schwierig, wenn das Thema Meiungsfreiheit ist und dann sofort nach den Grenzen zu fragen. Ich glaube, das führt in die falsche Richtung. (…) Unterschiede: In Sachsen gab es keine einzige Veranstaltung, auf der nicht über der Ukraine-Krieg und die Berichterstattung der Medien thematisiert worden wäre, in Thüringen gilt dasselbe für den Umgang mit den Corona-Maßnahmen. (…) Über den Umgang der Medien allgemein und ganz besondern – natürlich, weil alle Gebührenzahler sind – den Umgang der öffentlich-rechtlichen Medien mit diesen Themen.« LINK und  AUDIO

ZDF, heute journal, Beitrag von Peter Theisen und Dorte Störmann, 19. September 2024 [aus Ludwigsfelde und Potsdam]: »Die Autorenvereinigung PEN Berlin tourt durch den Osten, will offene Diskussionen befördern, die doch lebenswichtig sind für jede Demokratie. [Eva Menasse:] ›Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass sie nicht frei sprechen können, dann verlieren sie das Vertrauen in die Demokratie – und rufen im dann nächsten Schritt nach autoritären Führungsfiguren.‹« VIDEO

radio drei [rbb], radio 3 am Morgen, Bericht von Barbara Behrendt, 20. September 2024 [aus Potsdam]: »Tatsächlich ist fast jeder Platz besetzt. Und das Zusammensitzen macht schon für das Warm-up-Spiel Sinn. [Aron Boks:] ›Wer findet, dass in Deutschland Meinungsfreiheit herrscht? Und wer hält sie für eingeschränkt?‹ In einer Blase aus rot-grünen Kultur-Aficionados sitzt man hier nicht; einige Arme gehen hoch bei der Frage, ob die AfD nicht zu schlecht gemacht werde. Auf dem Podium mit Monika Maron und der PEN-Sprecherin Eva Menasse geht es direkt in die Vollen: ›Kann man in Deutschland alles sagen?‹, fragt Moderator Jan Feddersen. [Maron:] ›Die Meinungsfreiheit ist grundgesetzlich garantiert. Ich habe mich trotzdem sehr gewundert, als ich auf dieses Podium eingeladen wurde.‹ – [Feddersen:] ›Und warum haben Sie sich gewundert?‹ – [Maron:] ›Na, weil das seit Jahren nicht mehr vorgekommen ist.‹« LINK und  AUDIO

Deutschlandfunk, Kultur heute , Bericht von Barbara Behrendt, 20. September 2024 [aus Potsdam]: »Einig sind sich die Schriftstellerinnen, dass die Wahlsiegerin AfD in Thüringen an der Regierung beteiligt werden sollte. Während Maron alles andere als problematisch für die Demokratie hält, setzt Menasse auf eine Entzauberung wie in ihrem Herkunftsland Österreich. [Menasse:] ›Wir hatten diese rechten Nasen schon zweimal an der Regierung, beide Male hat es keine zwei Jahre gedauert, bis alles in Schutt und Asche gefallen ist.‹ In Deutschland beklagt sie die miesepetrige Jammerlappenstimmung: [Menasse:] ›Mein Vater, in der Emigration als jüdisches Flüchtlingskind, hat uns immer gesagt: Bevor du jammerst, schau, wie es den anderen geht. Das ist meine Lebensmaxime. Und wenn es was zu jammern gibt, dann roll‘ ich die Ärmel hoch. Und ich möchte gerne, dass das mehr Leute das in Deutschland machen, gerade in den neuen Bundesländern.« LINK und  AUDIO

Frankfurter Allgemeine, Bericht von Julia Encke, 20. September 2024 [aus Ludwigsfelde und Potsdam]: »Die letzten Worte gehören an diesem Abend der Schriftstellerin Monika Maron. Sie sagt: ›Ich wünsche mir, dass all die Leute, die glauben, dass sie ihre Meinung nicht sagen können, es einfach tun.‹ Maron bringt damit das, was die PEN Berlin-Reihe ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹ erreichen wollte und auf beeindruckende Weise erreicht, auf den Punkt. Man wüsste nicht, wo in letzter Zeit Kulturveranstaltungen stattgefunden haben, bei denen das Publikum einen so aktiven Part hatte und Teilnehmer sich so respektvoll begegnet wären. Das Ganze war wie eine gelungene Vorführung, dass und wie wir trotz unterschiedlicher Ansichten alle miteinander reden können. Und man am Ende doch alles sagen kann.« LINK [€]

Frankfurter Rundschau, Beitrag von Bascha Mika, 20. September 2024 [aus Potsdam]: »Mit einer schnellen Abfolge unterschiedlichster Fragen stimmt Aron Boks das Publikum ein. Hand heben, Hand senken… was hat er gerade gefragt? Es scheint schlicht, was der Tourmanager des PEN Berlin von den Leuten in Potsdam wissen will, doch die Mischung aus Identitäts- und politischen Fragen hat es durchaus in sich. (…) Mitdenken, mitsprechen, seine Meinung sagen. So das Konzept der Veranstaltungsreihe, die die Autor:innenvereinigung PEN Berlin organisiert hat. (…) Als Deniz Yücel die Idee hatte, vor den Landtagswahlen 37 Podien aus dem Boden zu stampfen, haben ihn seine Kolleg:innen im Board des PEN zunächst für verrückt erklärt. Wie gut für die Meinungsfreiheit, dass sie sich dennoch auf dieses ambitionierte Projekt eingelassen haben.« LINK

Süddeutsche Zeitung, Beitrag von Sonja Zekri, 20. September 2024 [aus Potsdam]: »Die Nacht und herbstliche Kühle haben sich über die kleine Bühne gesenkt, als Monika Maron eine Lanze für die AfD-Wähler bricht. Eine gefühlte Ewigkeit hat sich das Gespräch im Potsdamer Waschhaus ums Gendern gedreht, das Maron bekanntermaßen als kreativitätsfeindlich und aggressiv begreift. Es ist die Abschlussveranstaltung der hochgelobten Reihe ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹ des PEN Berlin, die in Thüringen, Sachsen und nun in Brandenburg die Lage der Meinungsfreiheit erkundet. Aber natürlich geht es, wenige Tage vor der brandenburgischen Landtagswahl, auch um die AfD. Mit der man, so Maron, immer schon und auch jetzt ganz falsch umgehe. Bereits die frühe, noch gar nicht so rechte Partei habe man ›unter Nazi-Verdacht‹ gestellt, tadelt sie in Potsdam.« LINK [€]

radio drei [rbb], radio 3 am Morgen, Gespräch von Katja Weber mit Eva Menasse, 20. September 2024 [zum Abschluss]: »Worüber ich mich von Anfang gefreut habe bei dieser Reihe, war die Bereitschaft des Publikums und auch der Wunsch des Publikums mitzusprechen. Und es hat immer wieder diese kathartischen Momente gegeben, wo Leute nachher gesagt haben: ›Das war jetzt so gut, dass das stattgefunden hat; ich bin so froh, dass ich da war; ich finde es toll, dass ihr das macht.‹ Das Format, die Menschen sehr viel stärker einzubeziehen in Gespräche, das muss man, glaube ich, in Zukunft beachten. Und wir hatten einzelne Veranstalter, die gesagt haben, sie wollen das weiterführen oder weitere solche Gespräche auflegen, wo das Publikum sehr viel mehr Beteiligung hat. Wir Man muss die Leute sprechen lassen.« LINK und  AUDIO

Süddeutsche Zeitung, Beitrag von Aron Boks, 20. September 2024 [zum Abschluss]: »Je mehr Veranstaltungen wir machen, umso deutlicher merken wir, wie diskussionsfreudig die Menschen im Osten wirken. Wenn sie einander widersprechen, dann ohne Empörung, ohne den Vorwurf: ›Wie können Sie so etwas behaupten?‹ So wie in dieser Replik in Nordhausen. In Westdeutschland, auch in der Berliner Bubble, in der ich Ossi lebe, behaupten wir gerne, dass man andere Meinungen aushalten müsse. Im Osten tun sie das wirklich.« LINK

arte, arte journal, Beitrag von Kolja Kandziora, 20. September 2024 [aus Senftenberg]: [Manja Präkels]: »Für mich ist jemand, der AfD wählt, ja nicht per se der Feind. Ich debattiere dann mit Argumenten, mit Sprache. Wenn daraus Taten folgen, also wenn ich merke, dass jemand nicht-weiße Menschen, die ins Dorf kommen, anpöbelt, dann finde ich, ist die Grenze erreicht. Ist immer die Frage: Wo setzen wir die Grenzen?« LINK

Börsenblatt, Bericht von Holger Heimann, 21. September 2024 [aus Potsdam]: »Wie sollte man der AfDbegegnen? Auch darüber wurde diskutiert. ›Wenn eine Opposition nicht ernst genommen und in die Ecke gedrängt wird, sorgt man dafür, dass sie sich radikalisiert‹, skizzierte Maron den ihrer Ansicht nach von Beginn an falschen Umgang mit der AfD. (…) Von Eva Menasse gab es Zustimmung, von Brandmauern halte sie nichts. Die AfD sollte in die Landtage, damit sie sich dort selbst entzaubere. In Österreich, so die in Wien geborene Schriftstellerin, sei genau dies den Rechtspopulisten widerfahren. Widerspruch aus dem Publikum: Das sei gefährlich, wie die deutsche Geschichte beweise, Rechte ließen sich nicht entzaubern.« LINK

Tagesspiegel, Beitrag von Thomas Wochnik, 21. September 2024 [aus Eisenach und Potsdam]: »Was die PEN-Reihe zeigt: Mit den Rechten, Neurechten oder ›besorgten Bürgern‹ zu reden, ist nicht immer einfach. Mag die Verteilung der Parteisympathien in Senftenberg auch konfliktreicher gewesen sein, in Potsdam saßen entweder keine 30 Prozent AfD-Anhänger in den Reihen, oder sie verhielten sich weitgehend bedeckt. Man kann wohl davon ausgehen, dass faschistische Hardliner solchen Veranstaltungen sowieso fernbleiben oder nicht die Stimme erheben. ›Mehr als einladen können wir am Ende auch nicht‹, sagt Yücel.« LINK [€]

rbb [TV], Das Magazin, Beitrag von Theresa Majerowitsch, 21. September 2024 [aus Brandenburg an der Havel]: »Schöner streiten! Der PEN Berlin hat einen Beitrag geleistet abseits der üblichen Starbesuche, bei denen intellektuelle Prominenz in die Provinz einfällt. Das wird man auch mal sagen dürfen.« LINK und VIDEO

Märkische Allgemeine, Bericht von Karim Saab, 21. September 2024 [aus Potsdam]: »Nach zwei Stunden, als alle bis auf die Knochen durchgefroren sind, wird Eva Menasse noch einmal hochemotional. Sie schleudert einen flammenden Appell in die ›miesepetrigen‹, neuen Bundesländer und gegen Monika Maron. Deren Part war es, den hier verbreiteten Rochus auf die Regierung und die hohen Sympathiewerte für die AfD zu erklären. ›Ich glaube, dass viele Leute die AfD wählen, weil es letztlich die einzige Möglichkeit ist, Nein zu sagen. Das Vertrauen in die CDU ist tief erschüttert.‹ (…) ›Sitzen und mosern, das kann jeder, da brauche ich kein Talent für!‹, schimpft Menasse. ›Wenn es was zu jammern gibt, dann rolle ich die Ärmel hoch! Teilhabe, selber mal was machen!‹, ruft sie erregt.« LINK [€]

Spiegel, Bericht von Florian Kappelsberger, 22. September 2024 [aus Chemnitz, Großenhain, Nordhausen und Ludwigsfelde]: »Die Grenzen, an die das Ideal vom offenen Gespräch im politischen Klima stößt, lassen sich schwerlich ignorieren. Und doch ist es eine Leistung der Veranstaltungsreihe, sie immerhin zu kartografieren. Und das nicht zum letzten Mal: Einzelne Partner haben laut Yücel schon angekündigt, das Format aufgreifen zu wollen. Diskussionsabende vor Ort, offen für jeden. Auch hier wird es wohl hin und wieder leere Stühle und zähe Diskussionen geben, auch hier wird man an Grenzen stoßen, das Angebot eines Gesprächs wird nicht jedes Mal aufgehen. Applaus dafür, dass man es trotzdem versucht.« LINK [€] 

WDR 3, Resonanzen, Gespräch von Barbara Behrendt mit Aron Boks, 23. September 2024: »Bei war uns war ganz bewusst das Publikum als vierter Gast angekündigt. Man kennt das von klassischen Podiumsdiskussionen: Am Ende kommen so zwei, drei Fragen, wo jeder schon weiß, ok, jetzt geht’s gleich nach Hause, man macht das noch aus Höflichkeit. Wir wollten aber, dass das Publikum sofort mitreden kann. Das heißt, wir mussten zwischendurch auch unterbrechen, weil auf dem Podium sehr gerne und sehr viel weitergeredet wird, weil man das ja so gewohnt ist. (…) Aggressiv wurde es selten. Wenn Leute dazwischengeredet haben, hatte ich die Möglichkeit zu sagen: ›Bitte jeder nur, wenn er dran ist! Hier kann jeder reden, aber nicht zu jederzeit. ‹ Das hat zu meiner Überraschung gut geklappt, weil ich auch nicht die autoritärste Erscheinung habe.« LINK und AUDIO

Zeit-Online, Beitrag von Deniz Yücel, 26. September 2024: »Der Regierungspolitiker war begeistert: ›Toll, ganz toll, genau das muss man jetzt machen!‹ Derart verzückt war er von der Gesprächsreihe zum Thema Demokratie und Meinungsfreiheit, die die Autorenvereinigung PEN Berlin soeben angekündigt hatte. (…) ›Hingehen, mit den Leuten reden, toll‹, wiederholte der Politiker. Dann wurde er nachdenklich: ›Aber ihr müsst aufpassen, dass da keiner was sagt.‹ ›Naja, das ist Idee, dass da einer was sagt‹, erwiderte ich. ›Ich meine: dass da keiner so rechtsextremes Zeug sagt.‹ ›Dann wird hoffentlich jemand anderes widersprechen.« LINK

Zum Farbanschlag auf Kultursenator Joe Chialo

epd, Bericht, übernommen u.a. vom Tagesspiegel, 24. September 2024: »Auch die Schriftstellervereinigung PEN Berlin sprach von einer inakzeptablen Verletzung der Privatsphäre Chialos. PEN Berlin-Sprecher Deniz Yücel erklärte: ›Wir streiten gerne mit Joe Chialo, welche Mittel bei der Bekämpfung des Antisemitismus angemessen und wirkungsvoll sind und sich mit dem Grundgesetz, der Kunstfreiheit und dem Ideal vereinbaren lassen.‹ Aber wenn Chialo tätlich angegriffen werde, wenn sogar seine Familie in Mitleidenschaft gezogen werde, dann gebe es ›nichts zu diskutieren‹, betonte der Journalist: ›Dann stehen wir an seiner Seite.‹« LINK

junge Welt, Kommentar von Nick Brauns, 24. September 2024: »Auch CDU-Chef Friedrich Merz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grüne), der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein und PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel verurteilten den Farbanschlag. Rot eingefärbt wurde am Sonntag auch im brandenburgischen Beeskow eine Hausfassade. Die Attacke mit Schweineblut galt einer Flüchtlingsunterkunft, auf deren Gelände zwei Schweineköpfe geworfen wurden. Vergleichbare Empörung wie im Falle Chialos blieb nach diesem rassistischen und muslimfeindlichen Akt aus.« LINK

Zum Prozess gegen Yavuz Ekinci in der Türkei

NDR Kultur, Journal, Gespräch von Charlotte Oelschlegel mit Sandra Hetzl, 18. September 2024: »Zuerst hat Yavuz Ekinci seine Verteidigungsrede gehalten. Er hat gesagt, der Roman sei rein fiktional, und er könne nicht stellvertretend für seine Romanfigur verurteilt werden. Sein Verteidiger sagte, dass es auch keine rechtliche Grundlage dafür gebe, da es dem Gesetz nach der Veröffentlichung eines Buches eine sechsmonatige Frist gebe, wo man ein Buch noch verbieten oder rechtliche Prozesse in Gang setzen könne. Die sei natürlich längst verstrichen, weil der Roman 2014 erschienen sei.« LINK und AUDIO

DLF Kultur, Fazit, Gespräch von Gabi Wuttke mit Sandra Hetzl, 18. September 2024: »Dort waren viele Autorinnen und Autoren, Filmemacher, alles Leute, die Yavuz Ekinci unterstützen. Für einige war es auch nicht der erste Prozess um Yavuz Ekinci, dem sie beiwohnten. Eine Filmemacherin seufzte und sagte mir, dass es mittlerweile so ist, dass man in der Woche zu einem Prozess und zu mehreren Protesten und das sehr viel Zeit und sehr viel Kraft kostet. Aber das man das machen muss, weil es die einzige Möglichkeit ist, dass sich vielleicht etwas verändert im Land.« LINK und AUDIO

Zur BDS-Veranstaltung auf dem ilb

radio drei [rbb], Radio 3 am Morgen, Bericht von Barbara Behrendt, 9. September 2024: »Der Historiker Per Leo hat es dann in die Hand genommen, die Grundregeln von Kulturförderung in Deutschland noch mal zu erklären, die eben gerade nicht politisch definiert sind. Also: Der Staat fördert die Autonomie von Kunst. Anders als die AfD, die ja Kunst, die ihr politisch nicht genehm ist, nicht fördern will. Und deshalb, sagt Per Leo, müsse man so viel wie eben nur rechtlich möglich tolerieren.« LINK und AUDIO

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