Medien

[Interviews, namentlich gezeichnete Beiträge oder offene Briefe, die einzelne Boardmitglieder unterzeichnet haben, geben nicht notwendig die Ansichten des gesamten Boards wieder.]

Saman Yasin (Januar 2025)

Deutschlandfunk, 18. Januar 2025: »Ihr Ehrenmitglied Yasin sei seit gestern in Berlin, teilte der PEN heute mit. Der aus dem kurdischen Teil Irans stammende Rapper war seit Oktober 2022 wegen seiner regimekritischen Texte in Haft. Im Zusammenhang mit den Protesten „Frau, Leben, Freiheit“ war Yasin laut PEN der „Feindschaft gegen Gott“ beschuldigt und vom Revolutionsgericht in einem Schauprozess zum Tode verurteilt worden.« LINK

Zeit online, 18. Januar 2025: »Im Gefängnis wurde [Saman Yasin] laut PEN schwer gefoltert und misshandelt, unter anderem durch eine Scheinhinrichtung. Die deutsch-iranische Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help hatte sich zusammen mit PEN Berlin und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Carlos Kasper für Yasins Freilassung eingesetzt. Der Schriftstellerverband will den Rapper nach eigenen Angaben beim Einleben in Berlin unterstützen.« LINK

Bayerischer Rundfunk, mit Informationen von epd, 18. Januar 2025: »“Saman Yasin ist endlich frei“, so PEN Berlin-Boardmitglied Joachim Helfer, „unser anderes iranisches Ehrenmitglied Toomaj Salehi ist es seit Dezember 2024.“ Das sei vermutlich eine Folge der kritischen Situation, in der sich die Islamische Republik Iran derzeit befände. „Es zeigt aber auch, dass internationale Solidarität und der Einsatz für Menschenrechte etwas bewirken können.“« LINK

Berliner Zeitung, Bericht von Ulrich Seidler, 19. Januar 2025: »Der 29-jährige Yasin sei den Angaben nach am Freitag am Flughafen von der deutsch-iranischen Autorin Daniela Sepehri, PEN-Berlin-Mitglied und Mitinitiatorin des Patenschaftsprogramms für politische Gefangene in Iran, in Empfang genommen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Carlos Kasper hatte die Patenschaft für Yasin übernommen und seine Freilassung gefordert.« LINK

Hiphop.de, Bericht von Michael Ebenger, 19. Januar 2025: »Außerdem danken sie der Hilfsorganisation HÀWAR.help, die „sich unermüdlich dafür eingesetzt hat, dass Saman Yasin jetzt in Deutschland in Sicherheit ist“, so das PEN Berlin in der Pressemitteilung.« LINK

WDR Cosmo, Bericht von Anne Lorenz, 20. Januar 2025: »Gegen das Todesurteil legte Saman Yasin Berufung ein – mit Erfolg: Das Gericht hob das Urteil auf. Ende Oktober wurde der 26-Jährige vorläufig auf Kaution freigelassen. Nun ist er sicher im Exil in Berlin angekommen, wie die Schriftstellervereinigung PEN Berlin bekannt gegeben hat.« LINK

Nahost-Resolutionen & »Gebote geistig-moralischer Hygiene«
außerdem: Benny Morris,
Anthologie junger Geflüchteter (Dezember 2024)

Zu Nahost-Resolutionen des PEN Berlin

Süddeutsche Zeitung, Bericht von Christiane Lutz, 9. Dezember 2024: »Es ist schon wieder was passiert beim PEN Berlin. Am Sonntag verabschiedete der Verband eine Resolution ›Für den Schutz von Schriftsteller:innen und Journalist:innen im aktuellen Nahostkonflikt‹. (…) Was sich auf den ersten Blick wie ein vernünftiger, ausgewogener Text liest, ist offenbar das Produkt einer langen Debatte des in der Frage Nahostkonflikt gespaltenen PEN Berlin. Ein Kompromiss, einer, über den demokratisch abgestimmt wurde. Ein Antrag auf Entscheidung über die Resolution war bei einem Treffen des Verbands im November noch kurzfristig vertagt worden. Was man nun, nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom Sonntag, aus dem Hintergrund hört: So richtig glücklich ist niemand.« LINK

In Sorge um Israel

»Öffentliche Distanzierung« von Mitgliedern, dokumentiert bei Ruhrbarone, 9. Dezember 2024: »Am 8. Dezember hat die Mitgliederversammlung des PEN Berlin eine Resolution ›Für den Schutz von Schriftsteller:innen und Journalist:innen im aktuellen Nahostkonflikt‹ verabschiedet. Es ist uns ein Bedürfnis, uns von dieser Resolution im jetzigen Wortlaut zu distanzieren. In einem Absatz, beginnend ›Zu den Toten gehören unsere Kolleg:innen …‹, legt die Resolution eine Solidarisierung auch mit Autor:innen nahe, die gegen Jüd:innen gehetzt haben und/oder als Propagandist:innen des Terrors von Hamas und Hisbollah tätig waren. Diese Autor:innen wollen wir nicht als unsere Kolleg:innen bezeichnen. (…) Unsere Trauer gilt den viel zu vielen Unschuldigen, die Opfer der israelischen Kriegsführung wurden und werden. Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die, nicht erst seit dem 7.10.2023, unter dem Terror der Hamas, Hisbollah, et al. leiden.« LINK

Jüdische Allgemeine, Interview von Michael Thaidigsmann mit Lorenz Beckhardt, 10. Dezember 2024: »Dass PEN Berlin die BDS-Bewegung ablehnt, ist für Deniz Yücel sehr wichtig. Das betont er immer wieder und das schätze ich an ihm. Aber ich bin mir sicher, dass er spürt, dass diese Position auf tönernen Füßen steht. Am Sonntag war es nur eine Stimme, die den Ausschlag gab. Und was passiert bei der nächsten Mitgliederversammlung? In anderen Ländern ist der kulturelle Boykott Israels schon beschlossene Sache. Bald könnte es auch hierzulande soweit sein.« LINK

»Offener Brief von Ausgetretenen«, dokumentiert in der Frankfurter Rundschau, 10. Dezember 2024: »PEN Berlin wird derzeit geführt wie eine politische Partei. (…) In diesem Sinne begreifen wir unseren Austritt auch als ein Abschiedsgeschenk. Stellt euch der Kritik! Öffnet eure Ohren für den Knall! Verschließt eure Augen nicht vor dem Trümmerfeld, das ihr hinterlassen habt! Das Führungsduo des PEN Berlin verbindet Orientierungslosigkeit mit einem höchst vitalen Willen zur Macht. (…) Gegenwärtig ist die Trennung für uns ein Gebot der geistigen und moralischen Hygiene. Es geht auseinander, was nicht mehr zusammengehört. Möge der Verein daran genesen!« LINK

Jüdische Allgemeine, Beitrag von Stefan Laurin, 10. Dezember 2024: »Die angenommene Resolution war ein Kompromiss. (…) Bei der Abstimmung konnte sie sich nur knapp gegen einen anderen Resolutionsvorschlag durchsetzen (…). Wäre diese an Einseitigkeit kaum zu übertreffende Erklärung angenommen worden, hätte es nicht nur eine öffentliche Distanzierung gegeben, sondern zahlreiche Austritte. Der PEN Berlin, in Fragen des Umgangs mit Israel fast von Beginn an zutiefst zerstritten, stand vor dem Scheitern.« LINK

Adania Shibli

Berliner Zeitung, Bericht von Eva Maria Braungart, 10. Dezember 2024: »Zahlreiche Autoren sind angesichts eines Konflikts um einen Resolutionsentwurf im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt aus dem Schriftstellerverband PEN Berlin ausgetreten. In einem offenen Brief begründeten die ehemaligen Mitglieder dies nicht nur mit dem abgelehnten Resolutionsantrag bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Sonntag. ›Vielmehr entzündete sich vor allem an der Frage, ob und wie PEN Berlin Stellung zu den in Gaza getöteten Kolleginnen und Kollegen bezieht, ein lange schwelendes Problem zum offenen Brand‹, so der offene Brief. Der Verband werde derzeit geführt wie eine politische Partei. (…) Der statt der Resolution verabschiedete Kompromissvertrag, sage ›nicht Nein zu einer exzessiven Kriegsführung‹, ›ohne ein gequältes ‚Aber die Hamas hat angefangen‘ hinterherzuschieben‹.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Beitrag von Andreas Platthaus, 10. Dezember 2024: »Zu den Unterstützern des gescheiterten israelkritischen  Antrags zählte einiges an Prominenz: darunter Omri Boehm, Deborah Feldman, Daniel Kehlmann, Eva Menasse und Mithu Sanyal. Unter den Befürwortern dieses Antrags kursiert mittlerweile ein von dem dabei federführenden Schriftsteller Per Leo mitverfasster Entwurf eines Austrittsschreibens. Darin wird PEN Berlin vorgeworfen, der Verein werde ›derzeit so geführt wie eine politische Partei‹, was sich vor allem gegen das aus der Publizistin Thea Dorn und dem Journalisten Deniz Yücel gebildete Sprecherduo richtet: Es verbinde ›rasende Orientierungs­losigkeit mit einem höchst vitalen Willen zur Macht‹. Man kann sich angesichts des rhetorischen Furors des Entwurfs gut vorstellen, dass einige Adressaten des Rundbriefs PEN Berlin verlassen werden.« LINK

Zeit Nr. 53/2024, Beitrag von Adam Soboczynski, 10. Dezember 2024: »Die Unzufriedenheit entzündet sich unter anderem an der Frage, ob es statthaft ist, auch jene palästinensischen Journalisten als ›Kolleg:innen‹ zu bezeichnen, die sich in den Dienst antiisraelischer Propaganda gestellt haben. Unter anderem Per Leo, Deborah Feldman und Susan Neiman, die sich mit ihrer ursprünglichen Resolution nicht durchsetzen konnten, verbanden ihren Austritt hingegen mit absurd wüsten Attacken gegen den Führungsstil der PEN-Sprecher Thea Dorn und Deniz Yücel. Man kann das nur als Nachtreten werten. Ältere Genossen unter den Autoren fühlen sich angesichts der Detailversessenheit und des Unbedingtheitsanspruchs einiger Gruppierungen innerhalb des PEN Berlin an die K-Gruppen-Auseinandersetzungen der Siebzigerjahre erinnert.« LINK

Jüdische Allgemeine, Bericht, 11. Dezember 2024: »Der von Leo, Feldman, Neiman, Detjen und anderen Autoren wie Fadi Abdelnour, Ramy al-Asheq, Mohammad Al Attar , Dima al-Bitar Kalaji, Diedrich Diederichsen, Tomer Dotan-Dreyfus und Mati Shemoelof unterzeichnete Offene Brief endet mit ›Hasta la vista, Krauts. Shalom, Freunde.‹« LINK

Frankfurter Rundschau, Bericht von Michael Hesse, 11. Dezember 2024: »Eine andere Gruppe warf dem Verband vor, sich von palästinensischen Kollegen distanziert zu haben. In der Folge traten zahlreiche Mitglieder aus. Das Austrittsschreiben wurde in der FR dokumentiert. Zudem sollen weitere Briefe an Sprecher und Specherin, Denis Yücel und Thea Dorn, des PEN Berlin versandt worden sein, von denen einige der FR vorliegen. Das PEN-Mitglied Daniel Cohn-Bendit sagte der Frankfurter Rundschau in Reaktion auf die gesamte Auseinandersetzung im PEN Berlin: ›Ich finde das alles absurd, es erinnert mich an die Spaltung der 68er in Maoisten, Trotzkisten und was weiß ich noch alles.‹« LINK

Tagesspiegel, Beitrag von Gerrit Bartels, 11. Dezember 2024: »Die ja nicht kleine Gruppe, die aus dem PEN Berlin ausgetreten ist, scheint diese Klarheit für sich gefunden zu haben, was inzwischen im Nahostkonflikt immer nur ein eindeutiges Für oder Wider bedeutet. Doch muss es nicht zuletzt die Aufgabe einer Schriftsteller- und Schriftstellerinnenvereinigung mit inzwischen weit über 700 Mitgliedern sein, gegensätzliche Positionen einigermaßen auszutarieren? PEN Berlin versucht das seit seiner Gründung. Erst recht seit dem 7. Oktober, nachdem die Vereinigung beispielsweise gleichermaßen auf der Frankfurter Buchmesse Runden zur Situation in Israel nach dem Hamas-Massaker wie eine Adania-Shibli-Solidaritätslesung organisiert hatte.« LINK

Yassin Al-Haj Saleh

Berliner Zeitung, Bericht von Susanne Lanz, 11. Dezember 2024: »Elke Schmitter, die die Kompromissresolution noch mit eingebracht hatte, hat den PEN verlassen, weil sie sich (…) nicht mit den dort genannten Palästinensern solidarisieren wollte. Sie gab ihren Austritt auf Facebook bekannt. Die größte Gruppe derer, die ausgetreten sind, (…) stand hinter dem ursprünglichen Antrag. Sie haben sich in einem Offenen Brief Luft gemacht. Der erbitterte Tenor ist einem aus den Diskussionen um diesen Konflikt bekannt. (…) Deniz Yücel möchte den Text nicht kommentieren. Er nennt ihn befremdlich, ist aber ansonsten bemüht, den Ball flach zu halten. Der PEN Berlin habe bis zu dieser Mitgliederversammlung 730 Mitglieder gehabt, erst kürzlich seien 99 neu dazugekommen. Und nun seien etwa 35 ausgetreten. ›Ich bedauere jeden Austritt, hoffe aber, dass es sich einige noch einmal überlegen werden, wenn der erste Ärger verflogen ist.‹« LINK

Welt, Kommentar von Marc Reichwein, 11. Dezember 2024: »Zwei Jahre lang war es erstaunlich ruhig und nach außen hin konfliktfrei im PEN Berlin, der sich 2022 neu gegründet hatte – als Reaktion auf den damals spektakulären Streit von Gotha und den Rücktritt von Autor und Welt-Journalist Deniz Yücel als Präsident des deutschen PEN-Zentrums in Darmstadt. Viele Schriftsteller und Journalisten wechselten zum neuen PEN Berlin. Es folgten ein paar Buchmessen und ein Sommer der ostdeutschen Landtagswahlen, bei dem deutlich wurde, was ein Schriftstellerclub kann, wenn er mal nicht mit sich selbst beschäftigt ist. Er kann Gesprächsreihen stiften und streitbar sein.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Gespräch von Korbinian Frenzel mit Per Leo, 11. Dezember 2024: »Tatsächlich war es so, dass diese Initiative kam von einer ganz bestimmten Gruppe. Diese Gruppe hat einen Antrag eingebracht. Die hat ihn überarbeitet. Die hat im Grunde die ganze Kompromissarbeit in sich selbst ausgetragen (…) Das sind Leute von absolutem Gewicht. Das sind einige internationale Schwergewichte.« LINK und AUDIO

DLF Kultur, Fazit, Bericht von Charlotte Oelschegel und Kommentar von Carsten Hueck, 11. Dezember 2024: Hueck: »Von der ›Selbstzerlegung des PEN Berlin‹ zu sprechen, wäre verfrüht. Aber es ist doch für unsere aufgeheizte Debattenkultur bezeichnend, wie eine satte von moralischem Furor beseelte Gruppe sich unter dem Zeichen von Empathie und Solidarität über andere erhebt und glaubt, im Besitz der einzigen Wahrheit einfach austreten zu können, um mit Andersdenkenden nicht mehr reden zu müssen. Und das beim PEN Berlin, der sich die Bekämpfung jedweder Form von Hass und den ungehinderten Gedankenaustausch auf die Fahnen geschrieben hat.« LINK und AUDIO

Spiegel, Kommentar von Tobias Rapp , 11. Dezember 2024: »Am vergangenen Wochenende tagte der PEN Berlin. Und ganz entgegen den hehren Zielen, die der Laden so hat, scheinen dort einige der Dinge zusammengekommen zu sein, die in Deutschland am allerschwersten zu ertragen sind: der Hang zur Vereinsmeierei. Der Wunsch, den Nahostkonflikt zu lösen (sowie die feste Überzeugung, dass Israelis und Palästinenser ausgerechnet auf Solidaritätserklärungen aus Deutschland warten). Die Liebe zur Antragsprosa. Der Glaube an die Macht des Türenknallens. Plus: Rechthaberei, Besserwissertum, Selbstgerechtigkeit und Größenwahn.« LINK

DLF Kultur, Lesart, Gespräch von Frank Meyer mit Thea Dorn, 11. Dezember 2024:»Ich kann die Kollegen auf dieser Seite einfach nur bitten, eine demokratisch zustande gekommene Entscheidung zu respektieren. Der PEN Berlin ist kein Gesinnungsverein, ist das nie gewesen. Und theoretisch sind auch Unterzeichner dieser Austrittserklärung immer dafür, dass wir ein diverser Verein auch in dem Sinne sein müssen, dass wir unterschiedliche politische Haltungen aushalten. Und das theoretisch immer hochzuhalten – gegen Blasenbildung und die Lagerbildung – aber es dann nicht zu verkraften, dass man in einem völlig demokratischen Prozess mit seiner Resolution nicht durchkommt, (…) das enttäuscht mich in einer gewissen Weise.« LINK und AUDIO

taz, Beitrag von Simone Buchholz, 11. Dezember 2024: »Zufriedenstellend ist, nachts um zwei mit einer Kollegin unterwegs zu sein, die, wäre sie nicht mit ihren beiden Söhnen in Berlin, für acht Jahre in einem Gefängnis sitzen würde. Tut sie aber nicht. Sie ist hier, sie hat eine Wohnung, sie ist vor kurzem in die Künstlersozialkasse aufgenommen worden und damit ins deutsche Gesundheitssystem (was wichtig ist, wenn man Fluchterfahrung hat und die Mächtigen nicht zimperlich waren), und sie kann in einer schäbigen Hamburger Kneipe rauchend und Bier trinkend auf einer Bank stehen und singen, wenn sie Bock drauf hat. Das, und nur das, wird beschädigt, wenn sich etwa wegen Resolutionen die Köpfe eingeschlagen werden, wegen ›geistiger und moralischer Hygiene‹ – nochmal: Nee, komm.« LINK

junge Welt, Bericht von Peter Merg, 12. Dezember 2024: »Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des PEN Berlin am Sonntag wurde ein Resolutionsentwurf, der deutliche Kritik an der Tötung von Autoren sowie der Zerstörung kultureller Infrastruktur übt, mit 82:83 Stimmen abgelehnt. Statt dessen wurde ein ›Kompromissantrag‹ verabschiedet, dessen Kritik milder ausfällt. Ein weiteres, israelfreundliches Papier hatte keine Chance. Nun haben am Montag 25 Mitglieder ihren Austritt erklärt und dies mit einem offenbar maßgeblich vom Historiker Per Leo verfassten gemeinsamen Schreiben begründet.« LINK

Frankfurter Rundschau, Bericht von Michael Hesse, 12. Dezember 2024: »Nach der jüngsten Austrittswelle aus dem Schriftstellerverband bemühen sich die Sprecher des PEN Berlin, die Wogen zu glätten. Man habe sich immer als eine in jeder Hinsicht, auch politisch, vielfältige Vereinigung verstanden. ›Und das fanden alle gut‹, sagte PEN-Sprecher Deniz Yücel. (…) ›Aber in einem vielfältigen Verein kann es passieren, dass eine Mehrheit etwas beschließt, mit dem man selbst nicht einverstanden ist.‹« LINK

NDR Kultur, Der Morgen, Philipp Schmid im Gespräch mit Tomas Fitzel, 12. Dezember 2024: »Allerdings muss man auch hier die Maßstäbe sehen: Es ist ja hier kein Kanzlerwahlverein, sondern es ist der PEN Berlin. Das ist ein Verein, der sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Die machen das alles ehrenamtlich und deswegen ist auch diese Aufregung, die wir darum gestalten, ist nicht wirklich in dieser Dimension angemessen.« LINK und AUDIO

radio 3, radio 3 am Morgen, Kommentar von Tomas Fitzel, 12. Dezember 2024: »Wer sich nach heißen Diskussionen hinterher an der Bar trifft, zum kühlen Bier statt frustriert und einsam auf den schwarzen Bildschirm zu starren, der schreibt keine so überflüssigen Austrittserklärungen und Distanzierungen. Daher: Trinkt mehr und schreibt weniger.« LINK und AUDIO

Offener Brief anderer Mitglieder: »Wir bleiben«, dokumentiert in der taz, 12. Dezember 2024: »Was gerade im PEN Berlin passiert, ist ein direktes Abbild der gesellschaftlichen Zerrüttung. Aus Verzweiflung über den Zustand der Welt versinken vernünftige und kluge Menschen im ›Narzissmus der kleinen Differenzen‹ (Sigmund Freud). Da weder die eine noch die andere Seite, die sich in Deutschland zu Unterstützern der Konfliktparteien in Nahost formiert haben, auf diesen schrecklichen Krieg irgendeinen Einfluss hat, trägt man ihn im Klein-Klein der Vereinsarbeit aus. Nach ausführlicher zweimaliger Diskussion wurde eine Resolution mit einer (!) Stimme Überhang demokratisch verabschiedet; der andere, so knapp unterlegene Antrag unterschied sich nur in – heiß umkämpften – Details. Der gigantische Wirbel, der sich daran entzündet hat, ist Außenstehenden längst nicht mehr zu vermitteln.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Bericht, 12. Dezember 2024: »In einem offenen Brief haben 24 Mitglieder des PEN Berlin zu Geschlossenheit und zur Rückbesinnung auf die Gründungswerte der Organisation aufgerufen. ›Was gerade im PEN Berlin passiert, ist ein direktes Abbild der gesellschaftlichen Zerrüttung‹, heißt es am Anfang des Schreibens. Die Unterzeichner erklären, dem Verein weiterhin angehören zu wollen, und richten sich damit gegen die Abspaltungsbestrebungen ihrer Kollegen. Zu den prominenten Unterzeichnern gehören die Schriftsteller Eva Menasse und Daniel Kehlmann sowie der Publizist Michel Friedman.« LINK

Nie wieder ist jetzt

Spiegel, Bericht, 12. Dezember 2024: »›Die meisten Unterstützer der unterlegenen Anträge akzeptieren das demokratische Ergebnis‹, heißt es in dem neuen Brief. ›Doch eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern tritt nun aus, oft genug öffentlich.« Die ›Wortgefechte und Meinungskriege‹ seien ›geeignet, diesem jungen Verein, in dem unglaublich viel ehrenamtliche Arbeit steckt, Schaden zuzufügen.‹ Stattdessen wolle man daran erinnern, wozu der Verein gegründet worden sei: Als Menschenrechtsorganisation und Debattenplattform. ›Auf der richtigen Seite zu stehen bedeutet für uns, immer wieder aufs Neue zu versuchen, Gräben zu überwinden und Kompromisse zu finden sowie die Verantwortung für die exilierten Kolleg:innen nicht aus den Augen zu verlieren‹ heißt es gegen Ende des Briefes. Und dann: ›Von allem anderen haben wir genug.‹« LINK

Jungle World, Kommentar von Hans Suilmann, 12. Dezember 2024: »›Schon unter der Hamas war die Pressefreiheit im Gaza-Streifen eingeschränkt; kritische Journalist:innen wurden eingeschüchtert und kriminalisiert‹, schreiben die Unterzeichner, und an der Wahl der Verben sieht man, dass es laut Per Leo und seinen politischen Freunden in Gaza unter der Hamas so schlimm nicht war, während hingegen Israel die Berichterstatter gleich erschießen lässt. So funktioniert Propaganda.« LINK

Freitag, Beitrag von Stefan Weidner, 13. Dezember 2024: »Dass deutsche Autorinnen und Autoren meine Sicht auf den Nahostkonflikt teilen, erwarte ich nicht. Eher erwarte ich das Gegenteil. Ich würde deswegen nicht aus dem PEN-Club austreten. Ich muss aber aus einem PEN-Club austreten, der von Leuten unterwandert ist, die über Opfer als solche nicht mehr trauern.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Beitrag von Saba-Nur Cheema und Meron Mendel, 13. Dezember 2024: »Wir traten dem jungen Verein bei, weil die Solidarität von unterdrückten Literaten und Journalisten unterstützenswert ist. Doch müssen wir zugeben, dass unser Engagement bisher überschaubar blieb. (…) Wir beschränkten uns darauf, gelegentlich an Podiumsdiskussionen teilzunehmen und unseren Mitgliedsbeitrag einigermaßen pünktlich zu überweisen. (…) Auch ohne unsere aktive Unterstützung wurde der junge PEN Berlin schnell zur Erfolgsgeschichte.« LINK

radio 3, radio 3 am Nachmittag, Frank Schmid im Gespräch mit Nora Bossong, 13. Dezember 2024: »Das Problem ist einfach, dass die Leute, die am lautesten schreien, dann natürlich auch als erstes gehört werden. Und dann reicht es bei 200 Leuten, die sich am Sonntagnachmittag um die Ohren geschlagen haben, wenn drei Leute sehr laut andere beschimpfen, dann hört man das. Ich glaube, man sollte doch eher auf das hören, was wir umsetzen können (…) Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich eine ganz große Hochachtung habe vor den Leuten, die unglaublich viel in den letzten zwei Jahren da auf sich genommen haben. So gut wie unbezahlt und ehrenamtlich.« LINK und AUDIO

Tagesspiegel, Beitrag von Gerrit Bartels, 13. Dezember 2024: »Es müsste jetzt eigentlich mal gut sein mit den Verwerfungen bei der Schriftstellervereinigung PEN Berlin, mit den zahlreichen Verlautbarungen vieler seiner Mitglieder, den öffentlichen Distanzierungen und den per offener Brief erklärten Austritten. Und nun noch ein offener Brief, veröffentlicht auf der Website von PEN Berlin, unterzeichnet von 24 Mitgliedern? Ein Brief, der überschrieben ist mit den Worten ›Wir bleiben‹ – als wenn auch das noch einmal extra erklärt werden müsste. Doch, ja, musste. Denn aus diesem Brief spricht die Stimme der Vernunft und der Einsicht, die vielleicht auch in den anderen Abteilungen der Kultur (Kunstbetrieb!) irgendwann Einzug hält, insbesondere was den Nahost-Konflikt anbetrifft.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Kommentar von Julia Encke, 13. Dezember 2024: »In diesem Brief, den die Frankfurter Rundschau veröffentlichte, werden die beiden – immerhin in Abstimmungen gewählten – Sprecher des Verbands, Deniz Yücel und Thea Dorn, völlig enthemmt beleidigt (…), etwas Konstruktives steht in dem Schreiben nicht, es ist ein einziger, selbstgerechter Wutausbruch. Und endet natürlich mit der viel zitierten ›Bratwurstbude‹, als die Deniz Yücel vor zwei Jahren den PEN Deutschland bezeichnete. (…) Per Leo, der während der Mitgliederversammlung empört rief: ›Wie deutsch will der PEN Berlin sein?‹, hat am Wissenschaftskolleg zu Berlin gerade ein Forschungsprojekt zum Thema ›Konfliktstoff – Israel und Palästina an deutschen Schulen‹ zugesprochen bekommen. (…) Angesichts der Auseinandersetzungen im PEN Berlin sowie der diffamierenden Äußerungen Per Leos in einem Interview im Deutschlandfunk stellt sich allerdings die Frage, wieso ausgerechnet ein begrenzt dialogbereiter und zu selbstgerechter Herabsetzung anderer neigender Schriftsteller geeignet sein sollte, eine Idee davon zu entwickeln, wie der ›Konfliktstoff Israel und Palästina‹ an Schulen verhandelt werden soll.« LINK

Sagen Dürfen

Frankfurter Allgemeine, Kommentar von Jürgen Kaube, 13. Dezember 2024: »So geht es in demokratischen Prozessen. Man verliert, ist in der Opposition, hofft auf die nächste Abstimmung, Noch nie ist jedoch jemand aus dem Bundestag ausgetreten, weil er in einer Abstimmung unterlag. Nicht so bei den Schriftstellern. Die Unterlegenen fühlen sich nicht mehr vertreten, also treten sie aus dem PEN Berlin aus. (…) Den Kampf nur unter der Voraussetzung beginnen, dass man gewinnt, ist lächerlich. (…) Wie Leo es zum Argument zu machen, unter den 28 Unterzeichnern der eigenen Resolution seien „Schwergewichte“, streift die unfreiwillige Komik. Denn wer wiegt die Bedeutung einer intellektuellen Stimme? Und auf welcher Waage?« LINK

 

Süddeutsche Zeitung, Interview von Jens-Christian Rabe mit Deniz Yücel, 13. Dezember 2024: »Resolutionen sind für mich nicht die zentrale Aufgabe des PEN Berlin. Im Leitungsteam dachten wir: Okay, jetzt liegen Resolutionsentwürfe vor, obwohl alle wissen, dass keine Vereinsresolution den Lauf der Welt beeinflusst. Aber für die deutsche Diskussion könnte es ein Gewinn sein, wenn es gelänge, beide Lager in wenigstens einer Frage zu einen. Darin steckt eine Chance, die in Deutschland niemand außer dem PEN Berlin hat: (…) Die Chance zu einem Dialog zwischen Leuten, die nicht ohnehin miteinander im Dialog sind. (…) Wir hatten vor den Resolutionen, der Mitgliedersammlung und alledem eine Chance, die wir leider verpasst haben – allen voran ich als Verantwortlicher. Und vielleicht haben wir diese Chance immer noch, trotz allem. Es gibt keine Alternative. Und vielleicht musste es auch mal knallen, damit es wieder konstruktiver weitergehen kann.« LINK [€] und LINK

Neue Osnabrücker Zeitung, Kommentar von Stefan Lüddemann, 14. Dezember 2024: »PEN Berlin wiederholt den Fehler, den auch andere Kulturinstitutionen gemacht haben. Sie kopieren gesellschaftliche Konflikte in die eigenen Debatten. Die Konsequenz: Der unversöhnliche Grundsatzkonflikt kontaminiert jenen Raum, der eigentlich dem freien Diskurs gewidmet sein sollte und der einzigen Parteinahme, die in der Kultur zählt: jene für die Freiheit des Ausdrucks und die Würde des Menschen.« LINK [€]

junge Welt, Beitrag von Peter Merg, 14. Dezember 2024: »Die Zeit der Erklärungen und Empörungen ist noch nicht vorbei beim PEN Berlin. (…) Nun haben 24 andere Mitglieder ein Statement verfasst, weshalb man die Sektion weiterhin unterstütze. (…) Vielleicht setzt sich auch in der 2022 mit hohen Ansprüchen formierten Abspaltung vom deutschen PEN-Zentrum so langsam die Einsicht durch, dass sich Weltkonflikte nicht mit Resolutionen lösen lassen.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Beitrag von Kati Obermann, 16. Dezember 2024: »Ehrlich gesagt erschreckt mich das immer besonders, wenn gerade Intellektuelle nicht in der Lage sind, unterschiedliche Positionen miteinander auszuhandeln und vielleicht auch einfach mal auszuhalten, dass es Menschen mit einer anderen Haltung gibt.« LINK und AUDIO

Welt, Kommentar von Thomas Schmid, 16. Dezember 2024: »Der PEN Berlin war erklärtermaßen der Versuch, diesen Wahn einerseits zu stoppen, andererseits aber die Israel-Feinde nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen, sondern möglichst im Namen des freien Wortes einzubinden. Ein vielleicht ehrenwerter Versuch. Nun ist er gescheitert, die alte Konfliktlinie liegt wieder offen zutage. Damit ist, vielleicht stärker als je zuvor, der Mythos von der erhabenen Geschlossenheit der Schriftsteller-, Intellektuellen- und Journalistenwelt erschüttert.« LINK

Spiegel, Leitartikel von Swantje Karich, 16. Dezember 2024: »Niemand muss miteinander reden. Darum geht es nicht. Es ist nicht die Zeit, um zu jammern, dass der Dialog ausbleibt – der funktioniert beim Nahostkonflikt ohnehin nur sehr eingeschränkt, wie gerade der PEN Berlin vorgeführt hat, aus dem Dutzende Mitglieder austraten, zerstritten über eine Resolution. Natürlich zum Thema Nahostkonflikt. Das aber war schon die Lehre der vergangenen Jahre: Der Titel einer abgesagten Diskussionsrunde, ›We need to talk‹, ist seit der Documenta 15 vor zwei Jahren ein hilfloses Symbol für das anscheinend unmögliche Gespräch über israelbezogenen Antisemitismus in Deutschland.« LINK

taz, Beitrag von René Hamann, 17. Dezember 2024: »Keine Sorge, das hier wird jetzt nicht der x-te Beitrag zum PEN Berlin und dem Streit um Nahost-Resolutionen. Schließlich bin ich da kein Mitglied und folge auf Insta auch eher DF, was für Deborah Feldman steht, als den israelischen Truppen IDF, freue mich aber auch immer, dass nach den Statusmeldungen der DF, die der Stefanie Sargnagel aus Wien kommen.« LINK

Neue Zürcher Zeitung, Beitrag von Paul Jandl, 17. Dezember 2024: »Eine Gruppe rund um die Schriftsteller Per Leo und Deborah Feldman und die Philosophin Susan Neiman trat polternd aus. In einer Mischung aus Eitelkeit und Albernheit wird im Austrittsbrief so getan, als wären die akuten Weltprobleme geradezu vernachlässigbar neben der Meinungsunterdrückung, die im Berliner PEN angeblich herrsche. Beleidigt ziehen Autoren von dannen, die ›moralische Klarheit‹ für sich reklamieren, während alle anderen ›im Morast der deutschen Öffentlichkeit‹ versänken.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Korbinian Frenzel im Gespräch mit Thea Dorn, 18. Dezember 2024: »Es klingt so ein bisschen so, da gab es zwei Extremistenlager und das ist wirklich falsch. Also eben diesen Antrag, der auch in meiner Lesart pro-palästinensisch war, den haben Kollegen wie Eva Menasse, Daniel Kehlmann mitgetragen oder Omri Boehm, das ist grotesk, aus denen Extremisten zu machen. (…) Ich habe über das Projekt geredet, wir alle müssen gucken, wie man den Citoyen in sich weckt. Das ist mein Versuch, das zu tun. Und ja, das ist anstrengend, aber da will ich überhaupt nicht rumjammern, weil es ein Missverständnis ist zu glauben, dass Demokratie unanstrengend ist. (…) Und da bin ich, auch wenn es vielleicht medial nicht so klang, bin ich zuversichtlich, dass das auch mit PEN Berlin weiterhin geht.« LINK und AUDIO

taz, Kommentar von Julia Hubernagel, 19. Dezember 2024: »Überhaupt, so ist man einigermaßen arrogant überzeugt, sei eben dieser Austritt ein ›Abschiedsgeschenk‹ an den Verband. Unterzeichnet haben unter anderem Fadi Abdelnour, Susan Neiman, Deborah Feldman und Per Leo. Hört man Letzteren reden, so könnte man meinen, der PEN Berlin sei durch die 25 Austritte seiner gesamten intellektuellen Sprengkraft beraubt. (…) Lieber wäre es Leo gewesen, so scheint es, wenn diese kleine Gruppe einfach für den ganzen Verein gesprochen hätte.« LINK

NDR Kultur, Journal, Gespräch von Julia Westlake mit Simone Buchholz, 18. Dezember 2024: »Immer haben wir die Debatte geführt. Zweieinhalb Stunden davon waren sehr interessant und offen.  Menschen haben versucht, über ein sehr kontroverses Thema, das gerade in Deutschland zu viel Zerwürfnis führt, miteinander zu reden. (…) Resolutionen sind vor allem Botschaften nach innen. Oder Botschaften der Resolutionierenden an sich selbst. Jetzt sind von über 700 Mitgliedern insgesamt 50 ausgetreten – ich finde nicht, dass das ein Scheitern ist. Die große Mehrheit unserer Mitgliedschaft bekennt sich klar zu dem Ziel von PEN Berlin, zu der eigentlichen Arbeit, die darin besteht, verfolgte Kolleg:innen aus ihren Ländern zu holen, in denen sie Repressionen ausgesetzt sind und ihnen hier in Deutschland ein sicheres Zuhause zu geben. (…) Dafür brauchen wir Geld, und dafür müssen wir eine Öffentlichkeit generieren, die uns dann manchmal um die Ohren fliegt. Offenbar sind wir doch irgendwie interessant.« LINK und AUDIO

Jüdische Allgemeine, Kommentar von Lorenz S. Beckhardt, 20. Dezember 2024: »Das war knapp! Auf einer Mitgliederversammlung des PEN Berlin am 8. Dezember hätte eine Gruppe BDS-naher Autoren beinahe die größte Schriftstellervereinigung Deutschlands gekapert. (…) Beinah wäre der PEN Berlin, dessen Sprecher Deniz Yücel gebetsmühlenartig reklamiert, dass BDS keinen Platz in seinen Reihen habe, ins Lager der ›Lest keine Juden!‹-Propagandisten gerutscht. Doch zur Fairness gehört, dass die große Mehrheit der Mitglieder ihnen nicht gefolgt wäre.« LINK

Jüdische Allgemeine, Replik von Eva Menasse, 21. Dezember 2024: »Da ich bis zum 1. November Co-Sprecherin von PEN Berlin war, verwahre ich mich außerdem scharf gegen die wiederholte Unterstellung von BDS-Nähe. Nicht ›gebetsmühlenartig‹ haben wir, Deniz Yücel und ich, uns immer und immer wieder gegen Kulturboykotte ausgesprochen, sondern aus voller Überzeugung dessen, was wir im PEN Berlin unter Meinungs- und Kunstfreiheit verstehen: Dass sie nämlich immerzu und für alle gelten muss. (…) Wenn man Kulturboykott grundsätzlich ablehnt, muss das im Sinne Voltaires bedeuten, auch jene Künstler nicht zu boykottieren, die selbst Boykott unterstützen. Das scheint Lorenz S. Beckhardt nicht verstanden zu haben, der den jüdischen Anteil seiner Kontrahenten im aktuellen PEN-Berlin-Streit vielsagend verschweigt.« LINK

Thea Dorn über 2,5 Jahre PEN Berlin und 100 Jahre PEN

radio 3, radio 3 am Morgen, Frank Meyer im Gespräch mit Thea Dorn, 6. Dezember 2024: »Wir haben gleichzeitig mit unserer Gründung vor zweieinhalb Jahren konkret Verantwortung übernommen für Kollegen aus der Türkei, aus Marokko, aus dem Iran, die als Stipendiaten jetzt auf unsere Kosten, auf unsere Einladung und Hilfe hier in Deutschland sind, die wir unterstützen, denen wir versuchen, dass sie beruflich auch Kontakte kriegen hier. Das ist für mich die Kernaufgabe. Und dann gibt es natürlich den innenpolitischen Aspekt. (…) Ich formuliere das erstmal als meine Ambition und als keine Zusage, dass das klappen wird: Diese Schriftstellervereinigung sollte ein Beispiel setzen, dass man es schaffen kann in einem Verein, in dem die Meinungen weit auseinandergehen, etwa beim Nahostkonflikt, dennoch zivilisiert miteinander umzugehen und zu schauen: Wo finden wir nicht vielleicht doch Punkte, die konsensfähig sind.« LINK und AUDIO

KNA, Bericht von Matthias Jöran Berntsen, übernommen u.a. von der Evangelischen Zeitung, 11. Dezember 2024: »Die Spaltung der Autorenvereinigung PEN in Deutschland hält auch am 100. Gründungstag an. Das PEN-Zentrum Deutschland und der PEN Berlin haben derzeit keine Pläne, die seit 2022 andauernde Spaltung zu beenden, wie eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ergab. (…) Ein Sprecher von PEN Berlin wollte sich auf KNA-Anfrage nicht näher über mögliche Pläne für eine künftige Wiedervereinigung äußern. Er sagte lediglich, dass die Autorenvereinigung sich ›weder in Abgrenzung von anderen Organisationen definieren noch deren Arbeit bewerten‹ wolle.« LINK

3 Sat, Kulturzeit 3, Beitrag von Frank Eggers über hundert Jahre PEN Deutschland, 13. Dezember 2024: Thea Dorn: »Diese Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die aus Ländern kommen, zum Teil haben sie grauenvolle Dinge erlebt, waren im Gefängnis, sind verfolgt worden. Um die muss man sich kümmern, die muss man betreuen, mit denen muss man Behördengänge machen. Und das ist alles eine große, große Arbeit, die den Namen Ehrenamt nun wahrlich verdient. (…) Es kann gar nicht genug Vereinigungen auf dieser Welt geben, die sich die Freiheit des Wortes auf die Fahnen schreiben.« LINK und VIDEO

 

Zur Ausladung von Benny Morris durch die Universität Leipzig

Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 3. Dezember 2024: »Kommende Woche sollte Benny Morris an der Universität Leipzig im Rahmen der Ringvorlesung „Traditionen und Gegenwart des Antisemitismus“ sprechen. Nach Protesten propalästinensischer Aktivsten wurde die Veranstaltung nun abgesagt. Die New Yorker Performance-Künstlerin und Musikerin Laurie Anderson gehörte einst zur popkulturellen Avantgarde. In diesem Jahr sollte sie an der Essener Folkwang Universität der Künste eine Gastprofessur antreten. Dann machte ein auf Gesinnungsgoogelei spezialisierter Blog darauf aufmerksam, dass sie einen von palästinensischen Künstlern initiierten ›Letter against Apartheid‹ mitunterzeichnet hatte. Die Universitätsleitung wollte von Anderson wissen, ob sich seither ihre Ansichten geändert hätten. Darüber erbost sagte Anderson, die wiederholt in Israel aufgetreten ist, die Gastprofessur ab. Beide Fälle heben sich nicht gegenseitig auf; ihre Summe ergibt nicht Null, sondern minus zwei: Deutsche Universitäten, die die Wissenschaftsfreiheit preisgaben und dem eigenen Ideal der Weltoffenheit nicht gerecht wurden.« LINK [€]

MDR Aktuell, Gespräch von Hanno Griess mit Deniz Yücel, 4. Dezember 2024: »Diese Erklärung ist unterschrieben von zwei Professoren der Universität Leipzig. Die machen da zweierlei: Zum einen distanzieren sie sich von Herrn Morris. Und sie kritisieren auch die Kritiker von Benny Morris und sagen: Da würden doppelte Standards angelegt und Anhänger der Boykott-Bewegung gegenüber Israel könnten ungehindert an deutschen Universitäten reden. Ob das wirklich so ist, sei mal dahingestellt. Dieser Versuch, sich in beide Richtungen abzugrenzen, soll irgendwie ausgewogen klingen. Aber ich finde das eine doppelte Peinlichkeit, weil zum einen distanziert man sich nicht von Gästen, die man gerade eingeladen hat, und erst recht nicht, wenn man sie gerade auslädt. Und das zweite ist, die Aufgabe der Universität wäre an der Stelle nicht gewesen, Stilkritik an pro-palästinensischen Aktivisten zu üben, sondern die Freiheit der Wissenschaft zu gewährleisten.« LINK und AUDIO

Anthologie junger Geflüchteter: »Sei neben mir und sieh, was mir geschehen ist« 

Sei neben mir
Mitautorin Anastasiia Dunaieva bei der Buchpremiere am 3.12.24

DLF Kultur, Lesart, Joachim Scholl im Gespräch mit Verleger Jörg Sundermeier, 2. Dezember 2024: »Das Buch ist Ergebnis mehrerer Workshops, die Poetry Project und der PEN Berlin ins Leben gerufen haben, für Geflüchtete, die dann in ihrer Sprache schreiben können sollten. (…) Einer der Geflüchteten hat sehr schön gesagt: ›Dass ich Geflüchteter bin, ist nicht mein Beruf.‹ (…) Ich muss ehrlich sagen: Am Anfang war ich vorsichtig. Denn bei solchen Bänden klingt es immer ein bisschen danach, als ob das ein Charity-Projekt ist. Aber wir wollen Bücher machen, die Bücher sind, die für Leserinnen und Leser sind und nicht Selbstzweck. Dann wurden uns die Texte gegeben – und die Texte waren der Wahnsinn.« LINK und AUDIO

DLF Kultur, Studio 9, Beitrag von Lara Sielmann, 27. Dezember 2024: »Eine Anthologie auf Augenhöhe, jenseits von ideologisch geführten Diskussionen, hinter denen die Lebensrealität der Menschen oft verschwindet.« LINK

Qantara, Beitrag von Gerrit Wustmann, 28. Dezember 2024: »Der vorliegende Band ist so wichtig, weil er eben nicht über, sondern mit den Geflüchteten spricht, sie selbst sprechen lässt, ihnen eine Stimme gibt, die so viel vielschichtiger, komplexer und faktenbasierter ist als all das platte populistische Getrommel von Teilen der deutschen Zivilgesellschaft und großen Teilen einer Parteienlandschaft, die sich mit ihrer ständigen Abwertung von Menschen selbst unmöglich macht – und leider trotzdem gewählt wird. Der vorliegende Band ist ein Gegenmodell dazu: Eine Einladung zu einem Dialog über Grenzen hinweg.« LINK

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