Medien

[Interviews, namentlich gezeichnete Beiträge oder offene Briefe, die einzelne Boardmitglieder unterzeichnet haben, geben nicht notwendig die Ansichten des gesamten Boards wieder.]

Juni/Juli 2025 (Boualem Sansal, Maxim Biller)

Zum Urteil gegen Boualem Sansal

Welt, Bericht von Marc Reichwein, 2. Juli 2025: »Ein Berufungsgericht in Algier hat die im März verhängte fünfjährige Haftstrafe für den algerisch-französischen Schriftsteller Boualem Sansal bestätigt. (…) Der PEN Berlin und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels kritisierten die Entscheidung in Algier. Thea Dorn, PEN-Berlin-Sprecherin, sagte: ›Einen Schriftsteller für ein Interview zu verurteilen, in dem er weder gegen den algerischen Staat hetzt noch anderweitig Hass verbreitet, ist ein politischer Skandal.‹« LINK

Zur »Zeit«-Kolumne von Maxim Biller

Berliner Zeitung, Beitrag von Susanne Lenz, 27. Juni 2025: »Deniz Yücel, Sprecher des PEN Berlin äußert sich gegenüber der Berliner Zeitung zur Löschung der Kolumne ›Morbus Israel‹ von Maxim Biller und nennt das Vorgehen der Wochenzeitung Die Zeit ›hilflos und unsouverän‹. Am Donnerstag war Billers Polemik zum Israel-Gaza-Krieg in der gedruckten Zeit erschienen. Am selben Tag wurde der Artikel im Online-Kanal der Wochenzeitung von der Redaktion gelöscht, nachdem er dort bereits am Mittwoch ausgespielt worden war. (…) Ein Problem hat Deniz Yücel allerdings damit, dass der Text von der Webseite gelöscht worden ist.« LINK [€]

junge Welt, Bericht von Peter Merg, 30. Juni 2025: »Eine solche Kolumne aus dem Netz zu nehmen ist nicht nur ›hilflos und unsouverän‹, wie jetzt der selbst nicht eben antizionistische Sprecher des PEN Berlin, Deniz Yücel, korrekt kritisiert. Es ist vor allem verlogen. Es scheint, Biller ist ehrlicher, als die Zeit ertragen kann.« LINK

April/Mai 2025 (Payman Farahavar, Omri Boehm, Nicholas Potter, Koalitionsvertrag)

Zum Todesurteil gegen den iranischen Dichter Peyman Farahavar

Peyman Farahavar
Peyman Farahavar. Foto: Archiv

Frankfurter Allgemeine, Bericht von Andreas Platthaus, 7. Mai 2025: »Am vergangenen Donnerstag ist Farahavar in einem Schnellverfahren, das im berüchtigten Lakan-Gefängnis in der nordiranischen Stadt Rasht abgehalten wurde, zum Tod verurteilt worden – das Lakan-Gefängnis ist bekannt als Hinrichtungsstätte. (…) Darüber hat PEN Berlin in einer Erklärung informiert, für die sich die Autorenorganisation auf die iranische Menschenrechtsorganisation Hengaw beruft. (…) Hengaw zufolge wurde das Urteil von einem ›Revolutionsgericht‹ gesprochen, das dem Angeklagten ›bewaffneten Aufstand‹ und ›Krieg gegen Gott‹ vorgeworfen habe. In seinen politischen Gedichten setze sich Peyman Farahavar für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit ein.« LINK

taz, Bericht, 9. Mai 2025: »Peyman Farahavar kritisierte die Abholzung von Wäldern seiner Heimatregion. Dafür wurde der iranische Dichter nun zum Tode verurteilt. (…) Der deutsche Schriftstellerverband PEN zeigte sich ›zutiefst erschüttert‹ über das Todesurteil. PEN-Berlin-Sprecher Deniz Yücel sagte: ›Das Todesurteil gegen einen Dichter, der nichts anderes getan hat, als Umweltzerstörung und Korruption anzuprangern, entlarvt den iranischen Machtapparat als das, was er ist: ein System organisierter Barbarei.‹« LINK 

Zu den Morddrohungen gegen den »taz«-Journalisten Nicholas Potter

Nicholas Potter
Nicholas Potter. Foto: Olga Blackbird

Neue Zürcher Zeitung, Bericht von Birgit Schmid, 17. April 2025: »Der Journalist Nicholas Potter von der linken taz in Berlin schreibt über den Nahostkonflikt und linken Antisemitismus. Linke Aktivisten fühlen sich gemeint und führen seit Wochen eine Verleumdungskampagne gegen Potter, hetzen in den sozialen Netzwerken, formulieren Drohungen, versuchen ihn so einzuschüchtern. (…) Nun ist in Berlin ein Plakat mit der Überschrift ›Wanted‹ aufgetaucht, mit dem Gesicht von Potter und dem Spruch ›From the river to the sea‹. (…) Die Schriftstellervereinigung PEN Berlin verurteilte die Drohung.« LINK [€]

Frankfurter Allgemeine, Bericht von Antea Obinja, 21. Mai 2025: »Nicholas Potter berichtet über Antisemitismus, Rechtsextremismus und Radikalisierung, aber auch über den Nahostkonflikt und die propalästinensischen Proteste und wird seit Jahren im Netz für seine Arbeit angefeindet. Im vergangenen Jahr wurden Sticker mit seinem Gesicht in Berlin verteilt, die Plakate stellen auch für ihn eine neue Qualität der Bedrohung dar. Laut der Schriftstellervereinigung PEN Berlin sei darauf zu lesen, Potter könne ›bluten wie jeder andere auch‹ und ›erniedrigt und eliminiert werden‹. Für den Journalisten ein ›eindeutiger Mordaufruf‹. So sehen das auch die taz und der PEN Berlin.« LINK

rbb, Radio 3 am Morgen, Gespräch mit Deniz Yücel, 17. April 2025: »« LINK

Zur Ausladung von Omri Boehm von der Gedenkfeier in Buchenwald

dpa, Bericht, übernommen u.a. von der Süddeutschen Zeitung, 5. April 2025: »Im Streit um eine verschobene Rede des Philosophen Omri Boehm bei einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwalds hat sich die Autorenvereinigung PEN zu Wort gemeldet. Aus Sicht von PEN Berlin wäre Boehm ein ›höchst geeigneter Redner für die Gedenkveranstaltung gewesen‹, teilte die Schriftstellervereinigung mit. (…) PEN Berlin kritisierte den Botschafter: So zeugten dessen Äußerungen in der Sache etwa von einem ›eigenwilligen Amtsverständnis‹. Vereinssprecherin Autorin Thea Dorn bezog sich auf den Leitspruch der Gedenkstätte Buchenwald ›Geschichte begreifen – für die Zukunft lernen‹ und bemängelte: ›Ich bezweifle, dass man etwas für die Zukunft gelernt hat, wenn man, wie jetzt geschehen, seine eigenen Überzeugungen verrät und dem Druck nachgibt, den der Vertreter einer Regierung ausübt, die autokratische Züge trägt.‹« LINK

DLF Kultur, Lesart, Gespräch von Andrea Gerk mit Thea Dorn, 7. April 2025: »Das ist alles in allem ein hochgradig verkorkster, unglücklicher, ja vielleicht letzten Endes sogar unwürdiger Vorgang, der dann gerade noch gerettet wurde, weil immerhin auf einer Seite die Beteiligten, eben Herr Wagner und vor allem Omri Boehm, selbst die Nerven behalten haben und gesagt haben: Dann lassen wir es nicht auf die Eskalation ankommen. (…) Jens Christian Wagner hätte damit rechnen können, wenn nicht eigentlich müssen, dass es Gegenwind gibt und hätte dann auch im Vorfeld vielleicht sich prüfen müssen, inwieweit er willens oder auch imstande ist, diesem Gegenwind zu trotzen. Andererseits kann ich gut verstehen, dass Wagner auf Böhm gekommen ist. Omri Boehm ist ein Vertreter an Kant geschult.« LINK und AUDIO

Zum Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD

WDR 3, Mosaik, Bericht, 1. April 2025: »Die Verhandlungspartner der Parteien wollen laut dem Arbeitspapier Kultur und Medien entschiedener gegen Informationsmanipulation vorgehen und den Straftatsbestand der Volksverhetzung verschärfen. PEN Berlin warnt vor einer übermäßigen Auslegung von ›Hass und Hetze‹ und betont, dass Meinungsfreiheit auch provokative oder unangenehme Äußerungen umfassen müsse. In einer offenen Gesellschaft dürfe es kein ›Wahrheitsgesetz‹ geben.« LINK

Berliner Zeitung, Kommentar von Timo Feldhaus, 1. April 2025: »Die Autorenvereinigung PEN Berlin sieht die Gefahren für die Demokratie, die von Volksverhetzung und vorsätzlicher Desinformation ausgehen. (…) Sie sehen jedoch auch ›seit geraumer Zeit eine bedenkliche Tendenz, die Grenzen dessen, was als Volksverhetzung gewertet wird, immer großzügiger auszulegen‹. Das gehe nicht so weiter. Der Journalist Deniz Yücel, PEN-Berlin-Sprecher, erklärt eloquent: ›Die Freiheit des Wortes umfasst auch die Freiheit des ahnungslosen, bescheuerten, provozierenden, umstürzlerischen, frevlerischen, scheußlichen, geschmacklosen oder dummen Wortes. Die Ausdehnung des Volksverhetzungsvorwurfs und die inflationäre Verwendung der Formel ›Hass und Hetze‹ haben dem zivilisierten Miteinander nicht genutzt, sondern geschadet.‹ Das sitzt.« LINK

Zeit-Online, Kommentar von Johannes Schneider, 4. April 2025: »Wenn man von der Lautstärke des Theaterdonners ausgeht, ist die Sache erst mal erledigt. ›Wer kein Wahrheitsministerium will, sollte auch kein Wahrheitsgesetz schaffen‹, heißt es in einer Pressemitteilung des Autorinnenverbands PEN Berlin. (…) In Deutschland ist das eine ganze intellektuelle Generation, die die Skepsis gegenüber absoluten Weltentwürfen lange und schmerzhaft gelernt hat. Sie musste sich und das Land erst mühsam freischwimmen aus den ideologischen Strömungen des 20. Jahrhunderts. (…) Sie reagierte auch entsprechend begeistert auf die Möglichkeiten des Loslaberns im Internet, das sie um die Jahrtausendwende als 20- bis 40-Jährige ereilte, als junge Wilde in den Redaktionen und an den Fakultäten. Dass dieser Ort nun, 25 Jahre später, böser sein soll als deutsche Volksparteien: Man versteht die Verwirrung, auch in einer Schriftstellervereinigung wie PEN Berlin, wo diese große Kohorte auch und bis in die Führung stark vertreten ist.« LINK

Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 11. April 2025: »Schon jetzt kann sich jede natürliche und juristische Person gegen Verleumdung und üble Nachrede zur Wehr setzen. Die Annahme jedoch, die Wahrheit selbst habe den Personen vergleichbare Rechtsansprüche, die der Staat durchsetzen könne, ist so grotesk, wie der Befund erschreckend ist, dass man aus dem öffentlichen Umgang mit der Corona-Pandemie keine andere Lehre gezogen hat. Böse Absichten muss man niemandem unterstellen: Gezielte Desinformation, unter anderem von fremden Geheimdiensten, gibt es wirklich. Bloß lässt sich das nur dadurch bekämpfen, dass Staat und Medien ihre Glaubwürdigkeit (zurück-)gewinnen – nicht durch ein Wahrheitsgesetz. Der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Absichten gepflastert.« LINK

Le Monde diplomatique, Kommentar von Benoît Bréville, 25. April 2025: »Die bisher für autoritäre Regime typische Kriminalisierung politischer Gegner erreicht die Demokratien. Das in Deutschland seit 1. Januar 2018 gültige Netzwerkdurchsetzungsgesetz zur Kontrolle der sozialen Medien ist so vage formuliert, dass es laut Human Rights Watch einen gefährlichen Präzedenzfall für andere Länder darstellt, ›welche die Meinungsfreiheit im Netz einschränken wollen‹. Kritik kam auch vom PEN Berlin. Finstere Diktatoren und aufgeklärte Liberale, religiöse Fanatiker und empörte Aktivisten, alle tanzen nach der Pfeife der Zensoren und folgen, wie der liberale Vordenker Benjamin Constant 1814 schrieb, der ›bemerkenswerten Neigung, alles weit von sich zu weisen, was die kleinste Unannehmlichkeit mit sich bringt, ohne zu überprüfen, ob dieser überstürzte Verzicht nicht vielleicht anhaltende Unannehmlichkeiten nach sich zieht‹.« LINK

Boualem Sansal (Dez–Mai 2025)

WDR 3, Die Kulturnachrichten, 16. Mai 2025: Im Fall des in Algerien zu fünf Jahren Haft verurteilten algerischen Schriftstellers Boualem Sansal richteten sich Akteur:innen der deutschen Buchbranche an die neue Bundesregrierung »Die deutsche Buchbranche hat an die neue Bundesregierung appelliert, sich für die Freilassung von Boualem Sansal einzusetzen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sowie die Schriftstellerverbände PEN Deutschland und PEN Berlin betonen in einer gemeinsam Erklärung, es gebe keine Rechtsgrundlage für die Inhaftierung des Schriftstellers in Algerien.« LINK

Thea Dorn
Thea Dorn. 3 Sat Kulturzeit: Haftstrafe für Schriftsteller Boualem Sansal

3Sat, Kulturzeit, Bericht von Lotar Schüler, 27. März 2025: »Das Urteil ist gefällt. Fünf Jahre Haft für den algerisch-französischen Schriftsteller Boualem Sansal. Kulturstaatsministerin Claudia Roth: ›Jetzt muss unsere gemeinsame Forderung sein: die unmittelbare und unverzügliche Freilassung eines großartigen Schriftstellers und Intellektuellen.‹ Thea Dorn: ›Es ist ganz wichtig, dass es weiter ein öffentliches Bewusstsein für den Fall gibt. […] Weil das erste was in so einem System passiert, ist dass sie dem Inhaftierten erklären, du bist eh vergessen, für dich interessiert sich keiner mehr, du kannst hier bei uns verrotten.‹« LINK

FAZ, ein Beitrag von Lena Bopp/Andreas Platthaus, 27. März 2025: »Nach einem Schnellverfahren muss der französisch-algerische Schriftsteller für fünf Jahre in Haft. Sansal wird vorgeworfen, in einem Interview mit einer französischen Zeitschrift Algeriens Integrität gefährdet zu haben. […] Der PEN Berlin forderte die Freilassung von Sansal, der lediglich von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht habe. ›Algerien soll – so der Stand der aktuellen Koalitionsverhandlungen – zu einem sicheren Drittstaat erklärt werden‹, so Deniz Yücel, Sprecher des PEN Berlin. ›Algerien ist nicht sicher, am wenigsten für Menschen, die es wagen, die Machthaber zu kritisieren.‹ Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zeigte sich ›zutiefst erschüttert über die Verurteilung des algerischen Schriftstellers.‹« LINK

Tagesspiegel, Auszug der dpa-infocom, 20. März 2025: »Der mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnete Autor Boualem Sansal wird in Algerien festgehalten, wo ihm zehn Jahre Haft drohen. […] Das am Donnerstag begonnene Strafverfahren gegen Sansal, bei dem die Anklage die zehnjährige Haft forderte, bezeichnete PEN Berlin als ›Justizfarce‹. Wegen seiner unbestechlichen Kritik am algerischen Regime und am politischen Islam sei der Autor seit längerem Schikanen und Bedrohungen ausgesetzt gewesen, weshalb er sich im vergangenen Jahr in Frankreich niederließ. « LINK

FAZ, ein Beitrag von Lena Bopp, 20. März 2025: »Vor einem Gericht in Dar El Beïda bei Algier hat heute ein Schnellverfahren gegen den algerisch-französischen Schriftsteller Boualem Sansal begonnen. Wie französische Medien berichten, soll die Staatsanwaltschaft des Gerichts eine Haftstrafe von zehn Jahren und eine Geldstrafe von einer Million Dinar (rund 7000 Euro) gefordert haben. […] Auch der PEN Berlin in Deutschland verurteilt das nun angesetzte Schnellverfahren gegen Sansal in einer Mitteilung scharf. ›Was wir hier erleben, ist eine Justizfarce‹, sagte Deniz Yücel, Sprecher des PEN Berlin. ›Es ist zu befürchten, dass das Urteil bereits feststeht, noch ehe dieser Schnellprozess begonnen hat. So handeln Schurkenstaaten.‹ Der PEN Berlin appelliert an die Bundesregierung, sich entschieden für den Schriftsteller einzusetzen und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit er sofort freigelassen werde.‹« LINK

Die Zeit, Beitrag von Ronja Wirts, 11. März 2025: »Im Dezember wurde der Schriftsteller Boualem Sansal in Algerien verhaftet. Wie es mit ihm weitergeht, ist unklar. In der Literaturszene regt sich Protest. […] Anfang der Woche hatten Mitglieder des PEN Berlin außerdem auf der Tourismusmesse ITB protestiert. ›Free Sansal‹ war auf großen Transparenten zu lesen, mit denen sich die Beteiligten vor dem Stand des algerischen Tourismusverbands aufstellten. Thea Dorn, Schriftstellerin und Mitorganisatorin, sprach von einem ›verzweifelten Versuch, Aufmerksamkeit auf den Fall zu lenken.‹« LINK

WELT, Beitrag von Marc Reichwein, 8. März 2025: Zur Solidaritätsveranstaltung für Boualem Sansal am 7. März 2025 im Deutschen Theater mit Herta Müller, Irina Scherbakowa, Daniel Kehlmann, Liao Yiwu, Kamel Daoud u.a., organisiert vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dem Kulturmagazin Perlentaucher und dem Merlin Verlag. »Daniel Kehlmann berichtete, wie er vor wenigen Tagen – gemeinsam mit den beiden Sprechern der Schriftstellervereinigung PEN Berlin, Thea Dorn und Deniz Yücel, eine kleine, ›zivilisierte‹ Protestnote am Algerienstand der Internationalen Tourismus Börse (ITB) veranstaltet habe. Eine Diktatur sei kein Urlaubsland, so Kehlmann.« LINK

Radio 3 (rbb), Live Übertragung der Solidaritätsveranstaltung für Boualem Sansal am 7. März 2025 im Deutschen Theater mit Herta Müller, Irina Scherbakowa, Daniel Kehlmann, Liao Yiwu, Kamel Daoud. Moderiert von Natascha Freundel: »Namhafte Autorinnen und Autoren, darunter Nobelpreis- und Friedenspreisträgerinnen, sprachen am 7. März 2025 im Deutschen Theater über und für Boualem Sansal.« Autor Daniel Kehlmann sprich über die Protestaktion des PEN Berlin am Algerienstand auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin (ab 29:02). LINK

Protestaktion des PEN Berlin für Boualem Sansal auf der ITB. Deniz Yücel, Thea Dorn, Can Dündar (v.l.n.r.), am 4.3.25

3sat Kulturzeit, Beitrag von Luis Babst, 4. März 2025: »Dienstag Mittag auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin. Mitglieder der Schriftstellervereinigung PEN bereiten sich auf eine Protestaktion vor: Freiheit für Boualem Sansal. ›Dass ein schwerkranker, 80-jähriger Mann ohne Anklage jetzt im vierten Monat in Haft sitzt, seinem Anwalt, seinem französischen, die Akteneinsicht verwehrt wird – es wird ihm der Besuch verwehrt, also die Einreise nach Algerien –, das ist Verhalten von Schurkenstaaten. […] Dass er demnächst in Haft stirbt, ist eine reale Gefahr‹« sagte PEN Berlin-Sprecherin Thea DornLINK

Deutschlandfunk Kultur, Beitrag von Dieter Nürnberger, 4. März  2025: »Mitglieder der Autorenvereinigung PEN Berlin demonstrierten vor dem Algerien-Messestand für die Freilassung von Boualem Sansal, dem französisch-algerischen Schriftsteller, der seit fast drei Wochen im Hungerstreik ist. […] Thea Dorn, die bekannte Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin, hat sich ebenfalls eingereiht. […] Die Protestierenden tragen weiße T -Shirts mit dem Konterfei des verhafteten Kollegen. Hashtag-Free Sansal steht darauf. […] Für Daniel Kehlmann, einem der erfolgreichsten Romanautoren im deutschsprachigen Raum, ist Solidarität selbstverständlich. [Er] spricht von einem harmlosen Satz mit bösen Folgen. ›Der harmlose Satz war der, dass seiner Meinung nach die Westsahara traditionell eher zu Marokko gehört als zu Algerien. Für einen solchen Satz, eigentlich eine Interpretation historischer Verhältnisse, wo man nun eine Diskussion führen könnte, wenn man Lust hat, wurde er wegen Hochverrates verhaftet und es dauerte eine Weile bis man überhaupt erfuhr, dass er im Gefängnis war.‹ […] Die Demonstrierenden lassen den Inhaftierten auch zu Wort kommen über einen kleinen Lautsprecher.« LINK

rbb, Beitrag von Tomas Fitzel, 4. März 2025: »Protestiert hat der PEN Berlin. Er fordert, dass der algerische Schriftsteller Boualem Sansal freigelassen wird. […] die Polizei war zwar schnell da, hat aber nicht eingegriffen, weil sie gesehen hat, das ist alles sehr friedlich. […] Thea Dorn: ›Manchmal hilft ja auch der öffentliche Protest, dass man danach ein besseres Gespräch mit der Diplomatie führen kann.‹ Deniz Yücel: ›Als ich in türkischer Haft saß, habe ich irgendwann in einer türkischen Zeitung ein Foto gesehen, wie meine Freunde, die sich für mich eingesetzt haben, hier auf der ITB eine ganz ähnliche Protestaktion gemacht haben. Jede Protestaktion hat erst mal einen Adressaten, noch vor den Regierungen – der deutschen Regierung, der betreffenden Regierung –, der allererste Adressat ist immer derjenige, der Kollege, die Kollegin, die im Knast sitzt. Weil das ankommt, weil das zählt, weil das Gefühl, ich werde hier nicht vergessen, wichtig ist. Dieses Gefühl möchten wir Boualem Sansal geben.‹« LINK

hpd, Beitrag von Ralf Nestmeier, 5. Dezember 2024: »Der 75-jährige Schriftsteller Boualem Sansal, bekannt für Werke wie ›Der Schwur der Barbaren‹ oder ›2084 – Das Ende der Welt‹, wurde am 16. November bei seiner Einreise am Flughafen von Algier verhaftet. Tagelang gab es kein Lebenszeichen, bis bekannt wurde, dass er in einem Untersuchungsgefängnis festgehalten wird. Die Vorwürfe wiegen schwer: Gefährdung der staatlichen Sicherheit durch angeblich terroristische und subversive Handlungen. […] Thea Dorn, Sprecherin des PEN Berlin, erklärte: ›Boualem Sansal ist eine der wichtigsten Stimmen der französischsprachigen Literatur. Seine leidenschaftlichen öffentlichen Warnungen vor dem politischen Islam können seine Verhaftung ebenso wenig rechtfertigen wie die nun erhobenen Vorwürfe.‹« LINK

Januar 2025 (Saman Yasin)

Deutschlandfunk, 18. Januar 2025: »Ihr Ehrenmitglied Yasin sei seit gestern in Berlin, teilte der PEN heute mit. Der aus dem kurdischen Teil Irans stammende Rapper war seit Oktober 2022 wegen seiner regimekritischen Texte in Haft. Im Zusammenhang mit den Protesten ›Frau, Leben, Freiheit‹ war Yasin laut PEN der ›Feindschaft gegen Gott‹ beschuldigt und vom Revolutionsgericht in einem Schauprozess zum Tode verurteilt worden.« LINK

Zeit online, 18. Januar 2025: »Im Gefängnis wurde [Saman Yasin] laut PEN schwer gefoltert und misshandelt, unter anderem durch eine Scheinhinrichtung. Die deutsch-iranische Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help hatte sich zusammen mit PEN Berlin und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Carlos Kasper für Yasins Freilassung eingesetzt. Der Schriftstellerverband will den Rapper nach eigenen Angaben beim Einleben in Berlin unterstützen.« LINK

Bayerischer Rundfunk, mit Informationen von epd, 18. Januar 2025: »›Saman Yasin ist endlich frei‹, so PEN Berlin-Boardmitglied Joachim Helfer, ›unser anderes iranisches Ehrenmitglied Toomaj Salehi ist es seit Dezember 2024.‹ Das sei vermutlich eine Folge der kritischen Situation, in der sich die Islamische Republik Iran derzeit befände. ›Es zeigt aber auch, dass internationale Solidarität und der Einsatz für Menschenrechte etwas bewirken können.‹« LINK

Berliner Zeitung, Bericht von Ulrich Seidler, 19. Januar 2025: »Der 29-jährige Yasin sei den Angaben nach am Freitag am Flughafen von der deutsch-iranischen Autorin Daniela Sepehri, PEN-Berlin-Mitglied und Mitinitiatorin des Patenschaftsprogramms für politische Gefangene in Iran, in Empfang genommen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Carlos Kasper hatte die Patenschaft für Yasin übernommen und seine Freilassung gefordert.« LINK

Hiphop.de, Bericht von Michael Ebenger, 19. Januar 2025: »Außerdem danken sie der Hilfsorganisation HÀWAR.help, die ›sich unermüdlich dafür eingesetzt hat, dass Saman Yasin jetzt in Deutschland in Sicherheit ist‹, so das PEN Berlin in der Pressemitteilung.« LINK

WDR Cosmo, Bericht von Anne Lorenz, 20. Januar 2025: »Gegen das Todesurteil legte Saman Yasin Berufung ein – mit Erfolg: Das Gericht hob das Urteil auf. Ende Oktober wurde der 26-Jährige vorläufig auf Kaution freigelassen. Nun ist er sicher im Exil in Berlin angekommen, wie die Schriftstellervereinigung PEN Berlin bekannt gegeben hat.« LINK

Nahost-Resolutionen & »Gebote geistig-moralischer Hygiene«
außerdem: Benny Morris,
Anthologie junger Geflüchteter (Dezember 2024)

Zu Nahost-Resolutionen des PEN Berlin

Süddeutsche Zeitung, Bericht von Christiane Lutz, 9. Dezember 2024: »Es ist schon wieder was passiert beim PEN Berlin. Am Sonntag verabschiedete der Verband eine Resolution ›Für den Schutz von Schriftsteller:innen und Journalist:innen im aktuellen Nahostkonflikt‹. (…) Was sich auf den ersten Blick wie ein vernünftiger, ausgewogener Text liest, ist offenbar das Produkt einer langen Debatte des in der Frage Nahostkonflikt gespaltenen PEN Berlin. Ein Kompromiss, einer, über den demokratisch abgestimmt wurde. Ein Antrag auf Entscheidung über die Resolution war bei einem Treffen des Verbands im November noch kurzfristig vertagt worden. Was man nun, nach der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom Sonntag, aus dem Hintergrund hört: So richtig glücklich ist niemand.« LINK

In Sorge um Israel

»Öffentliche Distanzierung« von Mitgliedern, dokumentiert bei Ruhrbarone, 9. Dezember 2024: »Am 8. Dezember hat die Mitgliederversammlung des PEN Berlin eine Resolution ›Für den Schutz von Schriftsteller:innen und Journalist:innen im aktuellen Nahostkonflikt‹ verabschiedet. Es ist uns ein Bedürfnis, uns von dieser Resolution im jetzigen Wortlaut zu distanzieren. In einem Absatz, beginnend ›Zu den Toten gehören unsere Kolleg:innen …‹, legt die Resolution eine Solidarisierung auch mit Autor:innen nahe, die gegen Jüd:innen gehetzt haben und/oder als Propagandist:innen des Terrors von Hamas und Hisbollah tätig waren. Diese Autor:innen wollen wir nicht als unsere Kolleg:innen bezeichnen. (…) Unsere Trauer gilt den viel zu vielen Unschuldigen, die Opfer der israelischen Kriegsführung wurden und werden. Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die, nicht erst seit dem 7.10.2023, unter dem Terror der Hamas, Hisbollah, et al. leiden.« LINK

Jüdische Allgemeine, Interview von Michael Thaidigsmann mit Lorenz Beckhardt, 10. Dezember 2024: »Dass PEN Berlin die BDS-Bewegung ablehnt, ist für Deniz Yücel sehr wichtig. Das betont er immer wieder und das schätze ich an ihm. Aber ich bin mir sicher, dass er spürt, dass diese Position auf tönernen Füßen steht. Am Sonntag war es nur eine Stimme, die den Ausschlag gab. Und was passiert bei der nächsten Mitgliederversammlung? In anderen Ländern ist der kulturelle Boykott Israels schon beschlossene Sache. Bald könnte es auch hierzulande soweit sein.« LINK

»Offener Brief von Ausgetretenen«, dokumentiert in der Frankfurter Rundschau, 10. Dezember 2024: »PEN Berlin wird derzeit geführt wie eine politische Partei. (…) In diesem Sinne begreifen wir unseren Austritt auch als ein Abschiedsgeschenk. Stellt euch der Kritik! Öffnet eure Ohren für den Knall! Verschließt eure Augen nicht vor dem Trümmerfeld, das ihr hinterlassen habt! Das Führungsduo des PEN Berlin verbindet Orientierungslosigkeit mit einem höchst vitalen Willen zur Macht. (…) Gegenwärtig ist die Trennung für uns ein Gebot der geistigen und moralischen Hygiene. Es geht auseinander, was nicht mehr zusammengehört. Möge der Verein daran genesen!« LINK

Jüdische Allgemeine, Beitrag von Stefan Laurin, 10. Dezember 2024: »Die angenommene Resolution war ein Kompromiss. (…) Bei der Abstimmung konnte sie sich nur knapp gegen einen anderen Resolutionsvorschlag durchsetzen (…). Wäre diese an Einseitigkeit kaum zu übertreffende Erklärung angenommen worden, hätte es nicht nur eine öffentliche Distanzierung gegeben, sondern zahlreiche Austritte. Der PEN Berlin, in Fragen des Umgangs mit Israel fast von Beginn an zutiefst zerstritten, stand vor dem Scheitern.« LINK

Adania Shibli

Berliner Zeitung, Bericht von Eva Maria Braungart, 10. Dezember 2024: »Zahlreiche Autoren sind angesichts eines Konflikts um einen Resolutionsentwurf im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt aus dem Schriftstellerverband PEN Berlin ausgetreten. In einem offenen Brief begründeten die ehemaligen Mitglieder dies nicht nur mit dem abgelehnten Resolutionsantrag bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Sonntag. ›Vielmehr entzündete sich vor allem an der Frage, ob und wie PEN Berlin Stellung zu den in Gaza getöteten Kolleginnen und Kollegen bezieht, ein lange schwelendes Problem zum offenen Brand‹, so der offene Brief. Der Verband werde derzeit geführt wie eine politische Partei. (…) Der statt der Resolution verabschiedete Kompromissvertrag, sage ›nicht Nein zu einer exzessiven Kriegsführung‹, ›ohne ein gequältes ‚Aber die Hamas hat angefangen‘ hinterherzuschieben‹.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Beitrag von Andreas Platthaus, 10. Dezember 2024: »Zu den Unterstützern des gescheiterten israelkritischen  Antrags zählte einiges an Prominenz: darunter Omri Boehm, Deborah Feldman, Daniel Kehlmann, Eva Menasse und Mithu Sanyal. Unter den Befürwortern dieses Antrags kursiert mittlerweile ein von dem dabei federführenden Schriftsteller Per Leo mitverfasster Entwurf eines Austrittsschreibens. Darin wird PEN Berlin vorgeworfen, der Verein werde ›derzeit so geführt wie eine politische Partei‹, was sich vor allem gegen das aus der Publizistin Thea Dorn und dem Journalisten Deniz Yücel gebildete Sprecherduo richtet: Es verbinde ›rasende Orientierungs­losigkeit mit einem höchst vitalen Willen zur Macht‹. Man kann sich angesichts des rhetorischen Furors des Entwurfs gut vorstellen, dass einige Adressaten des Rundbriefs PEN Berlin verlassen werden.« LINK

Zeit Nr. 53/2024, Beitrag von Adam Soboczynski, 10. Dezember 2024: »Die Unzufriedenheit entzündet sich unter anderem an der Frage, ob es statthaft ist, auch jene palästinensischen Journalisten als ›Kolleg:innen‹ zu bezeichnen, die sich in den Dienst antiisraelischer Propaganda gestellt haben. Unter anderem Per Leo, Deborah Feldman und Susan Neiman, die sich mit ihrer ursprünglichen Resolution nicht durchsetzen konnten, verbanden ihren Austritt hingegen mit absurd wüsten Attacken gegen den Führungsstil der PEN-Sprecher Thea Dorn und Deniz Yücel. Man kann das nur als Nachtreten werten. Ältere Genossen unter den Autoren fühlen sich angesichts der Detailversessenheit und des Unbedingtheitsanspruchs einiger Gruppierungen innerhalb des PEN Berlin an die K-Gruppen-Auseinandersetzungen der Siebzigerjahre erinnert.« LINK

Jüdische Allgemeine, Bericht, 11. Dezember 2024: »Der von Leo, Feldman, Neiman, Detjen und anderen Autoren wie Fadi Abdelnour, Ramy al-Asheq, Mohammad Al Attar , Dima al-Bitar Kalaji, Diedrich Diederichsen, Tomer Dotan-Dreyfus und Mati Shemoelof unterzeichnete Offene Brief endet mit ›Hasta la vista, Krauts. Shalom, Freunde.‹« LINK

Frankfurter Rundschau, Bericht von Michael Hesse, 11. Dezember 2024: »Eine andere Gruppe warf dem Verband vor, sich von palästinensischen Kollegen distanziert zu haben. In der Folge traten zahlreiche Mitglieder aus. Das Austrittsschreiben wurde in der FR dokumentiert. Zudem sollen weitere Briefe an Sprecher und Specherin, Denis Yücel und Thea Dorn, des PEN Berlin versandt worden sein, von denen einige der FR vorliegen. Das PEN-Mitglied Daniel Cohn-Bendit sagte der Frankfurter Rundschau in Reaktion auf die gesamte Auseinandersetzung im PEN Berlin: ›Ich finde das alles absurd, es erinnert mich an die Spaltung der 68er in Maoisten, Trotzkisten und was weiß ich noch alles.‹« LINK

Tagesspiegel, Beitrag von Gerrit Bartels, 11. Dezember 2024: »Die ja nicht kleine Gruppe, die aus dem PEN Berlin ausgetreten ist, scheint diese Klarheit für sich gefunden zu haben, was inzwischen im Nahostkonflikt immer nur ein eindeutiges Für oder Wider bedeutet. Doch muss es nicht zuletzt die Aufgabe einer Schriftsteller- und Schriftstellerinnenvereinigung mit inzwischen weit über 700 Mitgliedern sein, gegensätzliche Positionen einigermaßen auszutarieren? PEN Berlin versucht das seit seiner Gründung. Erst recht seit dem 7. Oktober, nachdem die Vereinigung beispielsweise gleichermaßen auf der Frankfurter Buchmesse Runden zur Situation in Israel nach dem Hamas-Massaker wie eine Adania-Shibli-Solidaritätslesung organisiert hatte.« LINK

Yassin Al-Haj Saleh

Berliner Zeitung, Bericht von Susanne Lanz, 11. Dezember 2024: »Elke Schmitter, die die Kompromissresolution noch mit eingebracht hatte, hat den PEN verlassen, weil sie sich (…) nicht mit den dort genannten Palästinensern solidarisieren wollte. Sie gab ihren Austritt auf Facebook bekannt. Die größte Gruppe derer, die ausgetreten sind, (…) stand hinter dem ursprünglichen Antrag. Sie haben sich in einem Offenen Brief Luft gemacht. Der erbitterte Tenor ist einem aus den Diskussionen um diesen Konflikt bekannt. (…) Deniz Yücel möchte den Text nicht kommentieren. Er nennt ihn befremdlich, ist aber ansonsten bemüht, den Ball flach zu halten. Der PEN Berlin habe bis zu dieser Mitgliederversammlung 730 Mitglieder gehabt, erst kürzlich seien 99 neu dazugekommen. Und nun seien etwa 35 ausgetreten. ›Ich bedauere jeden Austritt, hoffe aber, dass es sich einige noch einmal überlegen werden, wenn der erste Ärger verflogen ist.‹« LINK

Welt, Kommentar von Marc Reichwein, 11. Dezember 2024: »Zwei Jahre lang war es erstaunlich ruhig und nach außen hin konfliktfrei im PEN Berlin, der sich 2022 neu gegründet hatte – als Reaktion auf den damals spektakulären Streit von Gotha und den Rücktritt von Autor und Welt-Journalist Deniz Yücel als Präsident des deutschen PEN-Zentrums in Darmstadt. Viele Schriftsteller und Journalisten wechselten zum neuen PEN Berlin. Es folgten ein paar Buchmessen und ein Sommer der ostdeutschen Landtagswahlen, bei dem deutlich wurde, was ein Schriftstellerclub kann, wenn er mal nicht mit sich selbst beschäftigt ist. Er kann Gesprächsreihen stiften und streitbar sein.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Gespräch von Korbinian Frenzel mit Per Leo, 11. Dezember 2024: »Tatsächlich war es so, dass diese Initiative kam von einer ganz bestimmten Gruppe. Diese Gruppe hat einen Antrag eingebracht. Die hat ihn überarbeitet. Die hat im Grunde die ganze Kompromissarbeit in sich selbst ausgetragen (…) Das sind Leute von absolutem Gewicht. Das sind einige internationale Schwergewichte.« LINK und AUDIO

DLF Kultur, Fazit, Bericht von Charlotte Oelschegel und Kommentar von Carsten Hueck, 11. Dezember 2024: Hueck: »Von der ›Selbstzerlegung des PEN Berlin‹ zu sprechen, wäre verfrüht. Aber es ist doch für unsere aufgeheizte Debattenkultur bezeichnend, wie eine satte von moralischem Furor beseelte Gruppe sich unter dem Zeichen von Empathie und Solidarität über andere erhebt und glaubt, im Besitz der einzigen Wahrheit einfach austreten zu können, um mit Andersdenkenden nicht mehr reden zu müssen. Und das beim PEN Berlin, der sich die Bekämpfung jedweder Form von Hass und den ungehinderten Gedankenaustausch auf die Fahnen geschrieben hat.« LINK und AUDIO

Spiegel, Kommentar von Tobias Rapp , 11. Dezember 2024: »Am vergangenen Wochenende tagte der PEN Berlin. Und ganz entgegen den hehren Zielen, die der Laden so hat, scheinen dort einige der Dinge zusammengekommen zu sein, die in Deutschland am allerschwersten zu ertragen sind: der Hang zur Vereinsmeierei. Der Wunsch, den Nahostkonflikt zu lösen (sowie die feste Überzeugung, dass Israelis und Palästinenser ausgerechnet auf Solidaritätserklärungen aus Deutschland warten). Die Liebe zur Antragsprosa. Der Glaube an die Macht des Türenknallens. Plus: Rechthaberei, Besserwissertum, Selbstgerechtigkeit und Größenwahn.« LINK

DLF Kultur, Lesart, Gespräch von Frank Meyer mit Thea Dorn, 11. Dezember 2024:»Ich kann die Kollegen auf dieser Seite einfach nur bitten, eine demokratisch zustande gekommene Entscheidung zu respektieren. Der PEN Berlin ist kein Gesinnungsverein, ist das nie gewesen. Und theoretisch sind auch Unterzeichner dieser Austrittserklärung immer dafür, dass wir ein diverser Verein auch in dem Sinne sein müssen, dass wir unterschiedliche politische Haltungen aushalten. Und das theoretisch immer hochzuhalten – gegen Blasenbildung und die Lagerbildung – aber es dann nicht zu verkraften, dass man in einem völlig demokratischen Prozess mit seiner Resolution nicht durchkommt, (…) das enttäuscht mich in einer gewissen Weise.« LINK und AUDIO

taz, Beitrag von Simone Buchholz, 11. Dezember 2024: »Zufriedenstellend ist, nachts um zwei mit einer Kollegin unterwegs zu sein, die, wäre sie nicht mit ihren beiden Söhnen in Berlin, für acht Jahre in einem Gefängnis sitzen würde. Tut sie aber nicht. Sie ist hier, sie hat eine Wohnung, sie ist vor kurzem in die Künstlersozialkasse aufgenommen worden und damit ins deutsche Gesundheitssystem (was wichtig ist, wenn man Fluchterfahrung hat und die Mächtigen nicht zimperlich waren), und sie kann in einer schäbigen Hamburger Kneipe rauchend und Bier trinkend auf einer Bank stehen und singen, wenn sie Bock drauf hat. Das, und nur das, wird beschädigt, wenn sich etwa wegen Resolutionen die Köpfe eingeschlagen werden, wegen ›geistiger und moralischer Hygiene‹ – nochmal: Nee, komm.« LINK

junge Welt, Bericht von Peter Merg, 12. Dezember 2024: »Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des PEN Berlin am Sonntag wurde ein Resolutionsentwurf, der deutliche Kritik an der Tötung von Autoren sowie der Zerstörung kultureller Infrastruktur übt, mit 82:83 Stimmen abgelehnt. Statt dessen wurde ein ›Kompromissantrag‹ verabschiedet, dessen Kritik milder ausfällt. Ein weiteres, israelfreundliches Papier hatte keine Chance. Nun haben am Montag 25 Mitglieder ihren Austritt erklärt und dies mit einem offenbar maßgeblich vom Historiker Per Leo verfassten gemeinsamen Schreiben begründet.« LINK

Frankfurter Rundschau, Bericht von Michael Hesse, 12. Dezember 2024: »Nach der jüngsten Austrittswelle aus dem Schriftstellerverband bemühen sich die Sprecher des PEN Berlin, die Wogen zu glätten. Man habe sich immer als eine in jeder Hinsicht, auch politisch, vielfältige Vereinigung verstanden. ›Und das fanden alle gut‹, sagte PEN-Sprecher Deniz Yücel. (…) ›Aber in einem vielfältigen Verein kann es passieren, dass eine Mehrheit etwas beschließt, mit dem man selbst nicht einverstanden ist.‹« LINK

NDR Kultur, Der Morgen, Philipp Schmid im Gespräch mit Tomas Fitzel, 12. Dezember 2024: »Allerdings muss man auch hier die Maßstäbe sehen: Es ist ja hier kein Kanzlerwahlverein, sondern es ist der PEN Berlin. Das ist ein Verein, der sich aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzt. Die machen das alles ehrenamtlich und deswegen ist auch diese Aufregung, die wir darum gestalten, ist nicht wirklich in dieser Dimension angemessen.« LINK und AUDIO

radio 3, radio 3 am Morgen, Kommentar von Tomas Fitzel, 12. Dezember 2024: »Wer sich nach heißen Diskussionen hinterher an der Bar trifft, zum kühlen Bier statt frustriert und einsam auf den schwarzen Bildschirm zu starren, der schreibt keine so überflüssigen Austrittserklärungen und Distanzierungen. Daher: Trinkt mehr und schreibt weniger.« LINK und AUDIO

Offener Brief anderer Mitglieder: »Wir bleiben«, dokumentiert in der taz, 12. Dezember 2024: »Was gerade im PEN Berlin passiert, ist ein direktes Abbild der gesellschaftlichen Zerrüttung. Aus Verzweiflung über den Zustand der Welt versinken vernünftige und kluge Menschen im ›Narzissmus der kleinen Differenzen‹ (Sigmund Freud). Da weder die eine noch die andere Seite, die sich in Deutschland zu Unterstützern der Konfliktparteien in Nahost formiert haben, auf diesen schrecklichen Krieg irgendeinen Einfluss hat, trägt man ihn im Klein-Klein der Vereinsarbeit aus. Nach ausführlicher zweimaliger Diskussion wurde eine Resolution mit einer (!) Stimme Überhang demokratisch verabschiedet; der andere, so knapp unterlegene Antrag unterschied sich nur in – heiß umkämpften – Details. Der gigantische Wirbel, der sich daran entzündet hat, ist Außenstehenden längst nicht mehr zu vermitteln.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Bericht, 12. Dezember 2024: »In einem offenen Brief haben 24 Mitglieder des PEN Berlin zu Geschlossenheit und zur Rückbesinnung auf die Gründungswerte der Organisation aufgerufen. ›Was gerade im PEN Berlin passiert, ist ein direktes Abbild der gesellschaftlichen Zerrüttung‹, heißt es am Anfang des Schreibens. Die Unterzeichner erklären, dem Verein weiterhin angehören zu wollen, und richten sich damit gegen die Abspaltungsbestrebungen ihrer Kollegen. Zu den prominenten Unterzeichnern gehören die Schriftsteller Eva Menasse und Daniel Kehlmann sowie der Publizist Michel Friedman.« LINK

Nie wieder ist jetzt

Spiegel, Bericht, 12. Dezember 2024: »›Die meisten Unterstützer der unterlegenen Anträge akzeptieren das demokratische Ergebnis‹, heißt es in dem neuen Brief. ›Doch eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern tritt nun aus, oft genug öffentlich.« Die ›Wortgefechte und Meinungskriege‹ seien ›geeignet, diesem jungen Verein, in dem unglaublich viel ehrenamtliche Arbeit steckt, Schaden zuzufügen.‹ Stattdessen wolle man daran erinnern, wozu der Verein gegründet worden sei: Als Menschenrechtsorganisation und Debattenplattform. ›Auf der richtigen Seite zu stehen bedeutet für uns, immer wieder aufs Neue zu versuchen, Gräben zu überwinden und Kompromisse zu finden sowie die Verantwortung für die exilierten Kolleg:innen nicht aus den Augen zu verlieren‹ heißt es gegen Ende des Briefes. Und dann: ›Von allem anderen haben wir genug.‹« LINK

Jungle World, Kommentar von Hans Suilmann, 12. Dezember 2024: »›Schon unter der Hamas war die Pressefreiheit im Gaza-Streifen eingeschränkt; kritische Journalist:innen wurden eingeschüchtert und kriminalisiert‹, schreiben die Unterzeichner, und an der Wahl der Verben sieht man, dass es laut Per Leo und seinen politischen Freunden in Gaza unter der Hamas so schlimm nicht war, während hingegen Israel die Berichterstatter gleich erschießen lässt. So funktioniert Propaganda.« LINK

Freitag, Beitrag von Stefan Weidner, 13. Dezember 2024: »Dass deutsche Autorinnen und Autoren meine Sicht auf den Nahostkonflikt teilen, erwarte ich nicht. Eher erwarte ich das Gegenteil. Ich würde deswegen nicht aus dem PEN-Club austreten. Ich muss aber aus einem PEN-Club austreten, der von Leuten unterwandert ist, die über Opfer als solche nicht mehr trauern.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Beitrag von Saba-Nur Cheema und Meron Mendel, 13. Dezember 2024: »Wir traten dem jungen Verein bei, weil die Solidarität von unterdrückten Literaten und Journalisten unterstützenswert ist. Doch müssen wir zugeben, dass unser Engagement bisher überschaubar blieb. (…) Wir beschränkten uns darauf, gelegentlich an Podiumsdiskussionen teilzunehmen und unseren Mitgliedsbeitrag einigermaßen pünktlich zu überweisen. (…) Auch ohne unsere aktive Unterstützung wurde der junge PEN Berlin schnell zur Erfolgsgeschichte.« LINK

radio 3, radio 3 am Nachmittag, Frank Schmid im Gespräch mit Nora Bossong, 13. Dezember 2024: »Das Problem ist einfach, dass die Leute, die am lautesten schreien, dann natürlich auch als erstes gehört werden. Und dann reicht es bei 200 Leuten, die sich am Sonntagnachmittag um die Ohren geschlagen haben, wenn drei Leute sehr laut andere beschimpfen, dann hört man das. Ich glaube, man sollte doch eher auf das hören, was wir umsetzen können (…) Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich eine ganz große Hochachtung habe vor den Leuten, die unglaublich viel in den letzten zwei Jahren da auf sich genommen haben. So gut wie unbezahlt und ehrenamtlich.« LINK und AUDIO

Tagesspiegel, Beitrag von Gerrit Bartels, 13. Dezember 2024: »Es müsste jetzt eigentlich mal gut sein mit den Verwerfungen bei der Schriftstellervereinigung PEN Berlin, mit den zahlreichen Verlautbarungen vieler seiner Mitglieder, den öffentlichen Distanzierungen und den per offener Brief erklärten Austritten. Und nun noch ein offener Brief, veröffentlicht auf der Website von PEN Berlin, unterzeichnet von 24 Mitgliedern? Ein Brief, der überschrieben ist mit den Worten ›Wir bleiben‹ – als wenn auch das noch einmal extra erklärt werden müsste. Doch, ja, musste. Denn aus diesem Brief spricht die Stimme der Vernunft und der Einsicht, die vielleicht auch in den anderen Abteilungen der Kultur (Kunstbetrieb!) irgendwann Einzug hält, insbesondere was den Nahost-Konflikt anbetrifft.« LINK

Frankfurter Allgemeine, Kommentar von Julia Encke, 13. Dezember 2024: »In diesem Brief, den die Frankfurter Rundschau veröffentlichte, werden die beiden – immerhin in Abstimmungen gewählten – Sprecher des Verbands, Deniz Yücel und Thea Dorn, völlig enthemmt beleidigt (…), etwas Konstruktives steht in dem Schreiben nicht, es ist ein einziger, selbstgerechter Wutausbruch. Und endet natürlich mit der viel zitierten ›Bratwurstbude‹, als die Deniz Yücel vor zwei Jahren den PEN Deutschland bezeichnete. (…) Per Leo, der während der Mitgliederversammlung empört rief: ›Wie deutsch will der PEN Berlin sein?‹, hat am Wissenschaftskolleg zu Berlin gerade ein Forschungsprojekt zum Thema ›Konfliktstoff – Israel und Palästina an deutschen Schulen‹ zugesprochen bekommen. (…) Angesichts der Auseinandersetzungen im PEN Berlin sowie der diffamierenden Äußerungen Per Leos in einem Interview im Deutschlandfunk stellt sich allerdings die Frage, wieso ausgerechnet ein begrenzt dialogbereiter und zu selbstgerechter Herabsetzung anderer neigender Schriftsteller geeignet sein sollte, eine Idee davon zu entwickeln, wie der ›Konfliktstoff Israel und Palästina‹ an Schulen verhandelt werden soll.« LINK

Sagen Dürfen

Frankfurter Allgemeine, Kommentar von Jürgen Kaube, 13. Dezember 2024: »So geht es in demokratischen Prozessen. Man verliert, ist in der Opposition, hofft auf die nächste Abstimmung, Noch nie ist jedoch jemand aus dem Bundestag ausgetreten, weil er in einer Abstimmung unterlag. Nicht so bei den Schriftstellern. Die Unterlegenen fühlen sich nicht mehr vertreten, also treten sie aus dem PEN Berlin aus. (…) Den Kampf nur unter der Voraussetzung beginnen, dass man gewinnt, ist lächerlich. (…) Wie Leo es zum Argument zu machen, unter den 28 Unterzeichnern der eigenen Resolution seien Schwergewichte, streift die unfreiwillige Komik. Denn wer wiegt die Bedeutung einer intellektuellen Stimme? Und auf welcher Waage?« LINK

 

Süddeutsche Zeitung, Interview von Jens-Christian Rabe mit Deniz Yücel, 13. Dezember 2024: »Resolutionen sind für mich nicht die zentrale Aufgabe des PEN Berlin. Im Leitungsteam dachten wir: Okay, jetzt liegen Resolutionsentwürfe vor, obwohl alle wissen, dass keine Vereinsresolution den Lauf der Welt beeinflusst. Aber für die deutsche Diskussion könnte es ein Gewinn sein, wenn es gelänge, beide Lager in wenigstens einer Frage zu einen. Darin steckt eine Chance, die in Deutschland niemand außer dem PEN Berlin hat: (…) Die Chance zu einem Dialog zwischen Leuten, die nicht ohnehin miteinander im Dialog sind. (…) Wir hatten vor den Resolutionen, der Mitgliedersammlung und alledem eine Chance, die wir leider verpasst haben – allen voran ich als Verantwortlicher. Und vielleicht haben wir diese Chance immer noch, trotz allem. Es gibt keine Alternative. Und vielleicht musste es auch mal knallen, damit es wieder konstruktiver weitergehen kann.« LINK [€] und LINK

Neue Osnabrücker Zeitung, Kommentar von Stefan Lüddemann, 14. Dezember 2024: »PEN Berlin wiederholt den Fehler, den auch andere Kulturinstitutionen gemacht haben. Sie kopieren gesellschaftliche Konflikte in die eigenen Debatten. Die Konsequenz: Der unversöhnliche Grundsatzkonflikt kontaminiert jenen Raum, der eigentlich dem freien Diskurs gewidmet sein sollte und der einzigen Parteinahme, die in der Kultur zählt: jene für die Freiheit des Ausdrucks und die Würde des Menschen.« LINK [€]

junge Welt, Beitrag von Peter Merg, 14. Dezember 2024: »Die Zeit der Erklärungen und Empörungen ist noch nicht vorbei beim PEN Berlin. (…) Nun haben 24 andere Mitglieder ein Statement verfasst, weshalb man die Sektion weiterhin unterstütze. (…) Vielleicht setzt sich auch in der 2022 mit hohen Ansprüchen formierten Abspaltung vom deutschen PEN-Zentrum so langsam die Einsicht durch, dass sich Weltkonflikte nicht mit Resolutionen lösen lassen.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Beitrag von Kati Obermann, 16. Dezember 2024: »Ehrlich gesagt erschreckt mich das immer besonders, wenn gerade Intellektuelle nicht in der Lage sind, unterschiedliche Positionen miteinander auszuhandeln und vielleicht auch einfach mal auszuhalten, dass es Menschen mit einer anderen Haltung gibt.« LINK und AUDIO

Welt, Kommentar von Thomas Schmid, 16. Dezember 2024: »Der PEN Berlin war erklärtermaßen der Versuch, diesen Wahn einerseits zu stoppen, andererseits aber die Israel-Feinde nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen, sondern möglichst im Namen des freien Wortes einzubinden. Ein vielleicht ehrenwerter Versuch. Nun ist er gescheitert, die alte Konfliktlinie liegt wieder offen zutage. Damit ist, vielleicht stärker als je zuvor, der Mythos von der erhabenen Geschlossenheit der Schriftsteller-, Intellektuellen- und Journalistenwelt erschüttert.« LINK

Spiegel, Leitartikel von Swantje Karich, 16. Dezember 2024: »Niemand muss miteinander reden. Darum geht es nicht. Es ist nicht die Zeit, um zu jammern, dass der Dialog ausbleibt – der funktioniert beim Nahostkonflikt ohnehin nur sehr eingeschränkt, wie gerade der PEN Berlin vorgeführt hat, aus dem Dutzende Mitglieder austraten, zerstritten über eine Resolution. Natürlich zum Thema Nahostkonflikt. Das aber war schon die Lehre der vergangenen Jahre: Der Titel einer abgesagten Diskussionsrunde, ›We need to talk‹, ist seit der Documenta 15 vor zwei Jahren ein hilfloses Symbol für das anscheinend unmögliche Gespräch über israelbezogenen Antisemitismus in Deutschland.« LINK

taz, Beitrag von René Hamann, 17. Dezember 2024: »Keine Sorge, das hier wird jetzt nicht der x-te Beitrag zum PEN Berlin und dem Streit um Nahost-Resolutionen. Schließlich bin ich da kein Mitglied und folge auf Insta auch eher DF, was für Deborah Feldman steht, als den israelischen Truppen IDF, freue mich aber auch immer, dass nach den Statusmeldungen der DF, die der Stefanie Sargnagel aus Wien kommen.« LINK

Neue Zürcher Zeitung, Beitrag von Paul Jandl, 17. Dezember 2024: »Eine Gruppe rund um die Schriftsteller Per Leo und Deborah Feldman und die Philosophin Susan Neiman trat polternd aus. In einer Mischung aus Eitelkeit und Albernheit wird im Austrittsbrief so getan, als wären die akuten Weltprobleme geradezu vernachlässigbar neben der Meinungsunterdrückung, die im Berliner PEN angeblich herrsche. Beleidigt ziehen Autoren von dannen, die ›moralische Klarheit‹ für sich reklamieren, während alle anderen ›im Morast der deutschen Öffentlichkeit‹ versänken.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Korbinian Frenzel im Gespräch mit Thea Dorn, 18. Dezember 2024: »Es klingt so ein bisschen so, da gab es zwei Extremistenlager und das ist wirklich falsch. Also eben diesen Antrag, der auch in meiner Lesart pro-palästinensisch war, den haben Kollegen wie Eva Menasse, Daniel Kehlmann mitgetragen oder Omri Boehm, das ist grotesk, aus denen Extremisten zu machen. (…) Ich habe über das Projekt geredet, wir alle müssen gucken, wie man den Citoyen in sich weckt. Das ist mein Versuch, das zu tun. Und ja, das ist anstrengend, aber da will ich überhaupt nicht rumjammern, weil es ein Missverständnis ist zu glauben, dass Demokratie unanstrengend ist. (…) Und da bin ich, auch wenn es vielleicht medial nicht so klang, bin ich zuversichtlich, dass das auch mit PEN Berlin weiterhin geht.« LINK und AUDIO

taz, Kommentar von Julia Hubernagel, 19. Dezember 2024: »Überhaupt, so ist man einigermaßen arrogant überzeugt, sei eben dieser Austritt ein ›Abschiedsgeschenk‹ an den Verband. Unterzeichnet haben unter anderem Fadi Abdelnour, Susan Neiman, Deborah Feldman und Per Leo. Hört man Letzteren reden, so könnte man meinen, der PEN Berlin sei durch die 25 Austritte seiner gesamten intellektuellen Sprengkraft beraubt. (…) Lieber wäre es Leo gewesen, so scheint es, wenn diese kleine Gruppe einfach für den ganzen Verein gesprochen hätte.« LINK

NDR Kultur, Journal, Gespräch von Julia Westlake mit Simone Buchholz, 18. Dezember 2024: »Immer haben wir die Debatte geführt. Zweieinhalb Stunden davon waren sehr interessant und offen.  Menschen haben versucht, über ein sehr kontroverses Thema, das gerade in Deutschland zu viel Zerwürfnis führt, miteinander zu reden. (…) Resolutionen sind vor allem Botschaften nach innen. Oder Botschaften der Resolutionierenden an sich selbst. Jetzt sind von über 700 Mitgliedern insgesamt 50 ausgetreten – ich finde nicht, dass das ein Scheitern ist. Die große Mehrheit unserer Mitgliedschaft bekennt sich klar zu dem Ziel von PEN Berlin, zu der eigentlichen Arbeit, die darin besteht, verfolgte Kolleg:innen aus ihren Ländern zu holen, in denen sie Repressionen ausgesetzt sind und ihnen hier in Deutschland ein sicheres Zuhause zu geben. (…) Dafür brauchen wir Geld, und dafür müssen wir eine Öffentlichkeit generieren, die uns dann manchmal um die Ohren fliegt. Offenbar sind wir doch irgendwie interessant.« LINK und AUDIO

Jüdische Allgemeine, Kommentar von Lorenz S. Beckhardt, 20. Dezember 2024: »Das war knapp! Auf einer Mitgliederversammlung des PEN Berlin am 8. Dezember hätte eine Gruppe BDS-naher Autoren beinahe die größte Schriftstellervereinigung Deutschlands gekapert. (…) Beinah wäre der PEN Berlin, dessen Sprecher Deniz Yücel gebetsmühlenartig reklamiert, dass BDS keinen Platz in seinen Reihen habe, ins Lager der ›Lest keine Juden!‹-Propagandisten gerutscht. Doch zur Fairness gehört, dass die große Mehrheit der Mitglieder ihnen nicht gefolgt wäre.« LINK

Jüdische Allgemeine, Replik von Eva Menasse, 21. Dezember 2024: »Da ich bis zum 1. November Co-Sprecherin von PEN Berlin war, verwahre ich mich außerdem scharf gegen die wiederholte Unterstellung von BDS-Nähe. Nicht ›gebetsmühlenartig‹ haben wir, Deniz Yücel und ich, uns immer und immer wieder gegen Kulturboykotte ausgesprochen, sondern aus voller Überzeugung dessen, was wir im PEN Berlin unter Meinungs- und Kunstfreiheit verstehen: Dass sie nämlich immerzu und für alle gelten muss. (…) Wenn man Kulturboykott grundsätzlich ablehnt, muss das im Sinne Voltaires bedeuten, auch jene Künstler nicht zu boykottieren, die selbst Boykott unterstützen. Das scheint Lorenz S. Beckhardt nicht verstanden zu haben, der den jüdischen Anteil seiner Kontrahenten im aktuellen PEN-Berlin-Streit vielsagend verschweigt.« LINK

Thea Dorn über 2,5 Jahre PEN Berlin und 100 Jahre PEN

radio 3, radio 3 am Morgen, Frank Meyer im Gespräch mit Thea Dorn, 6. Dezember 2024: »Wir haben gleichzeitig mit unserer Gründung vor zweieinhalb Jahren konkret Verantwortung übernommen für Kollegen aus der Türkei, aus Marokko, aus dem Iran, die als Stipendiaten jetzt auf unsere Kosten, auf unsere Einladung und Hilfe hier in Deutschland sind, die wir unterstützen, denen wir versuchen, dass sie beruflich auch Kontakte kriegen hier. Das ist für mich die Kernaufgabe. Und dann gibt es natürlich den innenpolitischen Aspekt. (…) Ich formuliere das erstmal als meine Ambition und als keine Zusage, dass das klappen wird: Diese Schriftstellervereinigung sollte ein Beispiel setzen, dass man es schaffen kann in einem Verein, in dem die Meinungen weit auseinandergehen, etwa beim Nahostkonflikt, dennoch zivilisiert miteinander umzugehen und zu schauen: Wo finden wir nicht vielleicht doch Punkte, die konsensfähig sind.« LINK und AUDIO

KNA, Bericht von Matthias Jöran Berntsen, übernommen u.a. von der Evangelischen Zeitung, 11. Dezember 2024: »Die Spaltung der Autorenvereinigung PEN in Deutschland hält auch am 100. Gründungstag an. Das PEN-Zentrum Deutschland und der PEN Berlin haben derzeit keine Pläne, die seit 2022 andauernde Spaltung zu beenden, wie eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ergab. (…) Ein Sprecher von PEN Berlin wollte sich auf KNA-Anfrage nicht näher über mögliche Pläne für eine künftige Wiedervereinigung äußern. Er sagte lediglich, dass die Autorenvereinigung sich ›weder in Abgrenzung von anderen Organisationen definieren noch deren Arbeit bewerten‹ wolle.« LINK

3 Sat, Kulturzeit 3, Beitrag von Frank Eggers über hundert Jahre PEN Deutschland, 13. Dezember 2024: Thea Dorn: »Diese Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die aus Ländern kommen, zum Teil haben sie grauenvolle Dinge erlebt, waren im Gefängnis, sind verfolgt worden. Um die muss man sich kümmern, die muss man betreuen, mit denen muss man Behördengänge machen. Und das ist alles eine große, große Arbeit, die den Namen Ehrenamt nun wahrlich verdient. (…) Es kann gar nicht genug Vereinigungen auf dieser Welt geben, die sich die Freiheit des Wortes auf die Fahnen schreiben.« LINK und VIDEO

 

Zur Ausladung von Benny Morris durch die Universität Leipzig

Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 3. Dezember 2024: »Kommende Woche sollte Benny Morris an der Universität Leipzig im Rahmen der Ringvorlesung Traditionen und Gegenwart des Antisemitismus sprechen. Nach Protesten propalästinensischer Aktivsten wurde die Veranstaltung nun abgesagt. Die New Yorker Performance-Künstlerin und Musikerin Laurie Anderson gehörte einst zur popkulturellen Avantgarde. In diesem Jahr sollte sie an der Essener Folkwang Universität der Künste eine Gastprofessur antreten. Dann machte ein auf Gesinnungsgoogelei spezialisierter Blog darauf aufmerksam, dass sie einen von palästinensischen Künstlern initiierten ›Letter against Apartheid‹ mitunterzeichnet hatte. Die Universitätsleitung wollte von Anderson wissen, ob sich seither ihre Ansichten geändert hätten. Darüber erbost sagte Anderson, die wiederholt in Israel aufgetreten ist, die Gastprofessur ab. Beide Fälle heben sich nicht gegenseitig auf; ihre Summe ergibt nicht Null, sondern minus zwei: Deutsche Universitäten, die die Wissenschaftsfreiheit preisgaben und dem eigenen Ideal der Weltoffenheit nicht gerecht wurden.« LINK [€]

MDR Aktuell, Gespräch von Hanno Griess mit Deniz Yücel, 4. Dezember 2024: »Diese Erklärung ist unterschrieben von zwei Professoren der Universität Leipzig. Die machen da zweierlei: Zum einen distanzieren sie sich von Herrn Morris. Und sie kritisieren auch die Kritiker von Benny Morris und sagen: Da würden doppelte Standards angelegt und Anhänger der Boykott-Bewegung gegenüber Israel könnten ungehindert an deutschen Universitäten reden. Ob das wirklich so ist, sei mal dahingestellt. Dieser Versuch, sich in beide Richtungen abzugrenzen, soll irgendwie ausgewogen klingen. Aber ich finde das eine doppelte Peinlichkeit, weil zum einen distanziert man sich nicht von Gästen, die man gerade eingeladen hat, und erst recht nicht, wenn man sie gerade auslädt. Und das zweite ist, die Aufgabe der Universität wäre an der Stelle nicht gewesen, Stilkritik an pro-palästinensischen Aktivisten zu üben, sondern die Freiheit der Wissenschaft zu gewährleisten.« LINK und AUDIO

Anthologie junger Geflüchteter: »Sei neben mir und sieh, was mir geschehen ist« 

Sei neben mir
Mitautorin Anastasiia Dunaieva bei der Buchpremiere am 3.12.24

DLF Kultur, Lesart, Joachim Scholl im Gespräch mit Verleger Jörg Sundermeier, 2. Dezember 2024: »Das Buch ist Ergebnis mehrerer Workshops, die Poetry Project und der PEN Berlin ins Leben gerufen haben, für Geflüchtete, die dann in ihrer Sprache schreiben können sollten. (…) Einer der Geflüchteten hat sehr schön gesagt: ›Dass ich Geflüchteter bin, ist nicht mein Beruf.‹ (…) Ich muss ehrlich sagen: Am Anfang war ich vorsichtig. Denn bei solchen Bänden klingt es immer ein bisschen danach, als ob das ein Charity-Projekt ist. Aber wir wollen Bücher machen, die Bücher sind, die für Leserinnen und Leser sind und nicht Selbstzweck. Dann wurden uns die Texte gegeben – und die Texte waren der Wahnsinn.« LINK und AUDIO

DLF Kultur, Studio 9, Beitrag von Lara Sielmann, 27. Dezember 2024: »Eine Anthologie auf Augenhöhe, jenseits von ideologisch geführten Diskussionen, hinter denen die Lebensrealität der Menschen oft verschwindet.« LINK

Qantara, Beitrag von Gerrit Wustmann, 28. Dezember 2024: »Der vorliegende Band ist so wichtig, weil er eben nicht über, sondern mit den Geflüchteten spricht, sie selbst sprechen lässt, ihnen eine Stimme gibt, die so viel vielschichtiger, komplexer und faktenbasierter ist als all das platte populistische Getrommel von Teilen der deutschen Zivilgesellschaft und großen Teilen einer Parteienlandschaft, die sich mit ihrer ständigen Abwertung von Menschen selbst unmöglich macht – und leider trotzdem gewählt wird. Der vorliegende Band ist ein Gegenmodell dazu: Eine Einladung zu einem Dialog über Grenzen hinweg.« LINK

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