Pressemitteilung vom 20. Juli 2022
Türkei: Verfolgte Autorin Meral Şimşek
Der PEN Berlin freut sich sehr, die türkisch-kurdische Schriftstellerin und Lyrikerin Meral Şimşek in Deutschland begrüßen zu können.
Wir danken Nancy Faeser und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat, Klaus Lederer und der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, dem Literarischen Colloquium Berlin, dem Literaturhaus Berlin, dem Maxim-Gorki-Theater Berlin und allen anderen, die mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben.
Meral Şimşek wurde im Oktober 2021 wegen angeblicher »Propaganda für eine Terrororganisation“ zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, wobei Passagen aus ihren Gedichten sowie internationale Literaturauszeichnungen als belastende Beweise bewertet wurden. Vom Vorwurf der »Mitgliedschaft in einer Terrororganisation« wurde sie in erster Instanz zwar freigesprochen, doch im Revisionsverfahren fordert die Staatsanwaltschaft weiterhin 15 Jahre Haft.
Bei ihrem Versuch, über die Landgrenze nach Griechenland zu gelangen, wurde sie im vorigen Jahr von griechischen Sicherheitskräften durch einen rechtswidrigen »Push Back« zurück in die Türkei gezwungen, wo sie eine Woche in Haft verbrachte. Auf beiden Seiten der Grenze wurde sie von Sicherheitskräften geschlagen und auf erniedrigende Weise behandelt. Wegen des Fluchtversuchs wurde ein weiteres Verfahren eröffnet, in dem ihr fünf Jahre Haft wegen »illegalen Betretens eines militärischen Sperrgebiets« drohen.
Meral Şimşek ist 40 Jahre alt, Mitglied des kurdischen PEN-Zentrums und lebte zuletzt in Diyarbakır. Ihre ersten Erfahrungen mit Polizeigewalt hat sie bereits im Alter von 13 Jahren gemacht. Zuletzt erschien ihr Roman Nar Lekesi (etwa: »Granatapfelfleck«), in dem sie ihre Familiengeschichte literarisch verarbeitet und mit der Kurdenpolitik des türkischen Staates ebenso hart ins Gericht geht wie mit internen Hinrichtungen innerhalb der PKK. Sie ist die diesjährige Preisträgerin des österreichischen Theodor-Kramer-Preises für Schreiben im Widerstand und Exil.
»Auch wenn hierzulande die öffentliche Aufmerksamkeit für die Türkei nachgelassen hat, gilt weiterhin: Das freie Wort ist im Erdoğan-Regime nicht erwünscht, ganz besonders, wenn es um kurdische Autor:innen wie Meral Şimşek oder um kurdische Themen geht«, sagte Ronya Othmann, Boardmitglied des PEN Berlin.
»Wenn Sie versuchen, die Realität auf literarische Weise zu erzählen, geraten Sie in Gefahr, ausgelöscht zu werden«, sagte Meral Şimşek. »Jetzt bin ich in einem neuen Land, von dem ich denke, dass ich hier meine Realität frei schreiben kann und blicke voller Hoffnung in die Zukunft.«
PEN Berlin.
Wir stehen im Wort.