Medien

[Interviews, namentlich gezeichnete Beiträge oder offene Briefe, die einzelne Boardmitglieder unterzeichnet haben, geben nicht notwendig die Ansichten des gesamten Boards wieder.]

Themen im Juli 2024 (Gesprächsreihe zu Meinungsfreiheit, »Compact«-Verbot u.a.)

Zum Urteil gegen Evan Gershkovich in Russland

Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 25. Juli 2024: »Evan Gershkovich hat sich darin geirrt, dass er als akkreditierter Journalist vor Repressionen des Regimes geschützt sein würde. Das aber kann man ihm nicht vorwerfen. Er ist nicht im Gefängnis gelandet, weil er in eine Kneipenschlägerei verwickelt war, sondern weil er einen Dienst an der Allgemeinheit verrichtet hat – für die Leser des Wall Street Journal, für die US-amerikanische Öffentlichkeit, für die russische und internationale Öffentlichkeit. Dafür verdient er Hochachtung – und die Unterstützung der Weltöffentlichkeit, allen voran von Journalisten und demokratischen Politikern.« LINK

Zur Beobachtung der »jungen Welt« durch den Verfassungsschutz

Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 22. Juli 2024: »Zur Freiheit des Wortes gehört auch die Freiheit des dummen Wortes, die Pressefreiheit gilt auch für abwegige, verstörende und – ja, auch das – radikale Ansichten. Dass der Verfassungsschutz der jungen Welt ankreidet, sie vertrete einen ›Klassenstandpunkt‹, ist so Banane, dass es im Berliner Gerichtssaal für allgemeine Erheiterung sorgte, als die Verteidigung des Bundesamtes dieses Argument vortrug. Doch eine grundsätzliche Kritik am Kapitalismus ist nicht nur legitim, sie ist auch durch das Grundgesetz geschützt. Und das erlaubt nicht bloß die Auslegung, die die jeweilige Bundesregierung und ihre führenden Beamten gerade für die richtige halten.« LINK [€]

Zum Verbot des Magazins »Compact«

Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 16. Juli 2024: »Ob das Forschungsministerium versucht, missliebige Universitätsprofessoren zu bestrafen oder das Innenministerium ›unsäglich‹ für eine hinreichende Verbotsbegründung hält – es ist derselbe Mechanismus: Eine Exekutive, die keinen Unterschied mehr zwischen Recht und Moral kennt und deren leitendes Personal derart beseelt ist von der Richtigkeit des eigenen Tuns (gegen ›Hass‹, Rechtsextremismus, Antisemitismus etc.), dass es rechtsstaatlichen Prinzipien so viel Beachtung schenkt wie dem Kleingedruckten auf einem Beipackzettel. Mit moralischem Rigorismus und hemdsärmeliger Auslegung von Grundrechten kann man Twitterdebatten führen, aber kein Ministerium. Wer dies versucht, schadet der Demokratie mehr, als es das Compact-Magazin und dessen schillernder Chefredakteur Jürgen Elsässer je könnten.« LINK [€]

Welt TV, Die Welt am Morgen, Marie Droste und Carsten Hädler im Gespräch mit Deniz Yücel, 17. Juli 2024: »Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut, das sagt man immer so in Sonntagsreden. Aber sie ist tatsächlich ein hohes Gut. Und sie schützt auch Publikationen, die, so heißt es in einem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 1976, den Staat oder Teile der Bevölkerung schockieren, verletzen usw. Das heißt, auch Compact ist durch das Presserecht geschützt. (…) Es gibt bislang keine einzige Verurteilung wegen eines Offizialdelikts wie Volksverhetzung. Das wäre ja ein Indiz, dass man sagt: (…) Dieses Blatt wurde schon so oft wegen Volksverhetzung verurteilt, hier muss man eingreifen, das ist etwas Systematisches. Das wäre eine andere Lage.« LINK und VIDEO

Tichys Einblick, Beitrag von Alexander Wendt, 17. Juli 2024: »Während Regierungspolitiker und Medienleute wie Dunja Hayali das Compact-Verbot beklatschten, äußern sich auch einige Linksliberale öffentlich dagegen, unter ihnen zwei Redakteure der Zeit, der Publizist und Medienkritiker Stefan Niggemeier und der Sprecher des PEN Berlin Deniz Yücel und viele weitere. Dies- und jenseits dieser Demarkationslinie sortieren sich zwei Lager, für die das Links-Rechts-Schema nicht mehr passt. Die Vorstellung, dass ein sehr weit gezogener Freiheitsrahmen allen Ansichten und auch Rändern viel Raum lassen sollte, solange sie die Grenze zum Gewaltaufruf nicht überschreiten, steht auf der einen Seite. Der Glaube, dass einem das selbstempfundene Gute die Lizenz erteilt, formale Regeln unterzupflügen, auf der anderen.« LINK

WDR 5, Sebastian Sonntag im Gespräch mit Deniz Yücel, 20. Juli 2024: »Ich finde es ärgerlich, dass einem rechtsradikalen Spinner wie Jürgen Elsässer die Möglichkeit  zu geben, sich als Held der Pressefreiheit aufzuspielen. Wenn die ehrenwerte Absicht in der Bekämpfung des Rechtsradikalismus besteht, dann schadet dieses Verbot. Und das ist ein grundsätzliches Problem, das wir auch an anderen Stellen, auch im Forschungsministerium, wo eine Prüfung in Auftrag gegeben wurde, ob man Universitätsprofessoren, die einen offenen Brief unterzeichnet hatten gegen die Räumung eines propalästinensischen Camps an der Freien Universität, ob das strafrechtlich relevant war oder ob man Fördergelder entziehen könne (…) Beides sind für mich ein Zeichen dafür, dass man in der Bundesregierung mehr und mehr dazu neigt, Moral und Recht miteinander zu verwechseln. (…)«  LINK und  AUDIO

Zum Umgang von Medien mit der AfD

MDR Kultur, MDR Kultur am Mittag, Ellen Schweda im Gespräch mit Deniz Yücel, 19. Juli 2024: »Zu dem Zitat, das Sie von Herrn Beuster [Vorsitzende des Deutsche Journalisten-Verbands] eingebrahct haben: Ich finde es interessant, dass Herr Beuster Journalismus und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gleichsetzt. Das kann man zwar machen. Aber ganz sauber argumentiert scheint mir das nicht, wenn er sagt: Die AfD möchte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und das ist gleichbedeutend mit einem Eingriff in den Journalismus. (…) Ob der DJV als Berufsverband Gespräche mit der AfD für sinnvoll erachtet, das kann ich nicht beurteilen, weil der PEN Berlin kein Berufsvrband ist. (…) Aber als Journalisten können wir uns nicht den Luxus erlauben, eine Partei, die in manchen Gegenden Deutschlands, gerade im Osten, bei 30, 40 Prozent liegt, einfach zu ignorieren.« AUDIO

Zur Gesprächsreihe »Das wird man ja wohl noch sagen dürfen«

Börsenblatt, Bericht, 2. Juli 2024: »Anlässlich der Landtagswahlen organisiert PEN Berlin, Mitglied im internationalen Dachverband der Autor:innenvereinigung, in Sachsen, Thüringen und Brandenburg einige Veranstaltungen zum Thema Meinungsfreiheit und Demokratie. Die Gesprächsreihe unter dem Titel ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹ umfasst 37 Veranstaltungen, die in einem Raum ›von Annaberg bis Perleberg, von Ilmenau bis Zwickau‹ stattfinden sollen.« LINK

Freie Presse, Bericht von Torsten Kohlschein, 3. Juli 2024: »Wir müssen also reden! Sachsen macht den Anfang, und innerhalb des Freistaates Chemnitz, wo am 5. August im Weltecho zwei Antipoden der Deutung des Verhältnisses von Ost und West die Klingen kreuzen: Dirk Oschmann, Autor des viel diskutierten und polarisierenden Buches ›Der Osten – eine westdeutsche Erfindung‹. Er vertritt unter anderem die Haltung, Ostdeutsche seien in den Führungsebenen der Bundesrepublik massiv unterrepräsentiert. Auf der anderen Seite Ilko-Sascha Kowalczuk, der Mitte Juni in einem ebenso viel beachteten Interview mit der Freien Presse im Widerspruch zu Oschmann den Ostdeutschen hierfür selbst die Verantwortung zugewiesen und sich gegen ein ihm zufolge bei diesen existierendes ›Opfernarrativ‹ gestellt hat. Es moderiert Bettina Baltschew.«  LINK [€]

Leipziger Volkszeitung, Beitrag von Janina Fleischer, 10. Juli 2024: »Es wird viel gemeint über das Nicht-mehr-sagen-Dürfen. Drum kann als wohlfeile Provokation gelesen werden, wie der PEN Berlin seine ›Gespräche über Demokratie und Meinungsfreiheit‹ betitelt: ›Das wird man ja wohl noch sagen dürfen‹. Damit soll in Sachsen, Thüringen und Brandenburg auf die Landtagswahlen eingestimmt werden. Oder gibt es neue Grenzen des Sagbaren, über die dringend gesprochen werden sollte? Wer steckt ihn ab, den in diesem Zusammenhang häufig erwähnten ›Meinungskorridor‹? Der PEN Berlin jedenfalls nicht. Er geht dorthin, wo Widerspruch zu erwarten ist: zum Beispiel nach Sonneberg und Nordhausen in Thüringen.« LINK

Nordkurier, Beitrag von Michaela Kumkar, 20. Juli 2024: »Schon mal vormerken: ›Das wird man ja noch sagen dürfen – Gespräche über Demokratie und Meinungsfreiheit‹ heißt eine Veranstaltungsreihe der Schriftstellervereinigung PEN Berlin, die vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stattfindet. Geplant sind insgesamt 37 Veranstaltungen in den drei Bundesländern, heißt es in einer Pressemitteilung von PEN Berlin.« LINK

Zu Einsparungen im Kulturangebot im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk

taz, Bericht von Alexander Teske, 3. Juli 2024: »Es sind große Summen, die die ARD in den kommenden Jahren einsparen möchte. 40 Millionen Euro pro Jahr sind es beim MDR, der HR möchte in acht Jahren 350 feste und freie Mitarbeiter weniger haben. Zwangsläufig geht es auch ans Programm. Und an die Kultur. (…) Der Lyriker Alexandru Bulucz vom PEN Berlin gibt zu bedenken: ›Stellen Sie sich mal vor, die Rezension ist ein Verriss. Jetzt kann man durch die Vielfalt auf ein ausgewogenes Bild hoffen. Später würden alle diesen Verriss senden.‹« LINK

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