Themen im Februar (Iran, Julian Assange, Ronya Othmann, Berlinale)
Nach dem Todestrakt: Die Frauenrechtlerin Sareh Sedighi-Hamadani
WDR 3 [Fernsehen], Westart, Bericht von Claudia Kuhland, 27. Februar 2024: »Zuvor war sie anderthalb Jahre im Iran im Gefängnis. Am 4. September 2022 wurde sie zum Tode verurteilt. Ihr Verbrechen: Sie kämpfte für die Rechte von LGBTQ-Personen und ist selbst lesbisch. Vor einem Jahr, am 18. März 2023, kam sie auf Kaution frei – vermutlich das Ergebnis einer internationalen Kampagne, an der auch der PEN Berlin beteiligt war. Jetzt engagiert sich Sareh Sedighi-Hamadani im Exil gegen das iranische Terrorregime.« LINK und VIDEO
nd.Der Tag, Interview von Jayrôme C. Robinet mit Daniela Sepehri, 9. Februar 2024: [Robinet:] »Die Schriftstellervereinigung PEN Berlin unterstützt eine LGBT-Aktivistin, die anderthalb Jahre im Todestrakt saß und jetzt in Sicherheit in Deutschland ist, auch weil die Bundesregierung sich bilateral für sie einsetzte.« [Sepehri:] »Ja, der Grünen-Abgeordnete Sven Lehmann hat sich auch dafür eingesetzt. Das ist wichtig. Aber gerade im Dezember ist der Abschiebestopp in den Iran ausgelaufen. Ich kenne ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen, das in den Iran abgeschoben werden soll. Konvertierte Christen. Es könnte also lebensgefährlich für sie werden. Der Kommandeur der Revolutionsgarde hat uns in der Diaspora mehrfach öffentlich gedroht, man müsse sich ›um die Proteste im Ausland kümmern‹. Es ist die Rede von den bösen ›Vaterlandsverrätern‹. Das sind Drohungen, die muss man ernst nehmen.« LINK
Zur Nahost-Debatte (Anlässlich der Berlinale)
Welt, Essay von Deniz Yücel, 28. Februar 2024: »So meschugge die «Strike Germany‹-Kampagne auch ist, die deutschen Kultureinrichtungen vorwirft, Solidarität mit Palästina zu unterdrücken – ihre Wahrnehmung über die Situation in Deutschland ist einen Tick realistischer als die Empörung in der deutschen Politik, großen Teilen der deutschen Medien und nicht zuletzt: einem gehörigen Teil des Kulturbetriebs selbst. Das heißt nicht, dass die meist linkslastigen Künstler aus aller Welt mit ihrer einseitigen (und nicht selten: einfältigen) Parteinahme gegen Israel und ihren Schwärmereien für postkolonialen Kitsch in der Sache recht hätten. Nur ist das – sorry to disappoint you, Krauts – am allerwenigsten ein deutsches Problem. Wer sicherstellen will, dass sich Vorfälle wie auf der Berlinale-Preisverleihung künftig nicht wiederholen, darf internationale Preise nur noch an deutsche Preisträger verleihen, deutsche Lehrstühle nur noch mit deutschen Professoren besetzen und zu internationalen Festivals und Ausstellungen nur noch deutsche Künstler einladen, aber keine Gäste aus dem Ausland – nein, auch keine aus Israel.« LINK [€]
Zu Julian Assange
Welt, Kommentar von Deniz Yücel, 20. Februar 2024: »Nawalny ist tot. Gegen den dringend mordverdächtigen russischen Staatspräsidenten kann der Westen derzeit nichts weiter unternehmen, als russische Oppositionelle zu unterstützen und der Ukraine beizustehen. Anders im Fall Assange. Seine 13 gestohlenen Lebensjahre, ein Viertel seines bisherigen Lebens, wird ihm niemand zurückerstatten. Aber es liegt in der Hand des Londoner Gerichts, ihm endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Und zu beweisen, dass Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit keine Propagandalüge sind, wie Putin und seine Anhänger in Deutschland und anderswo glauben.« LINK
Zum Ausschluss von Ronya Othman vom Karachi Literaturfestival
MDR-Kultur, Beitrag von Ellen Schweda, 19. Februar 2024: »Kurz vor der Eröffnung wird Othmann wieder ausgeladen. Die Autorin muss aus Sicherheitsgründen das Hotel wechseln und Karachi, die größte Stadt Pakistans, verlassen. Zuvor war ein offener Brief mit mehr als 400 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner in den sozialen Medien aufgetaucht. Darin werden Othmann ›zionistische und islamophobe Positionen‹ vorgeworfen. Othmann sagt abschließend: ›Ich finde das sehr, sehr traurig.‹ Vor allem auch, dass ein Austausch oder eine Diskussion nicht mehr möglich sei. Ähnlich sieht es auch der PEN Berlin, der sofort mit einem offenen Brief reagiert und die Entscheidung des Festivals scharf kritisiert hat. ›Literatur kennt keine Landesgrenzen und muss auch in Zeiten innenpolitischer oder internationaler Erschütterungen eine allen Menschen gemeinsame Währung bleiben‹, wird die Charta des internationalen PEN darin zitiert.« LINK
Welt, Beitrag von Marc Reichwein, 19. Februar 2024: »In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr, dass deutsche Kulturschaffende mit Israel-Solidarität weiter eingeschüchtert oder international erst gar nicht weiter präsentiert werden. Deshalb hat der PEN Berlin sicher recht, wenn er nach dem Canceln von Ronya Othmann in Karachi diesen Appell formuliert: ›Wir hoffen sehr, dass deutsche Kulturinstitutionen wie die Goethe-Institute aus Vorfällen wie diesem nicht den Schluss ziehen, nur noch deutsche Autoren vorzustellen, die nicht – in welcher Weise auch immer – als ›problematisch‹ gelten, und dass sie weiterhin die deutsche Literaturszene in ihrer ästhetischen und politischen Vielfalt im Ausland präsentieren.‹« LINK