Mitgliederversammlung des PEN Berlin: Neue Mitglieder, Nachrückerinnen, Resolutionen

Pressemitteilung vom 16. Dezember 2023
Neue Mitglieder, Nachrückerinnen und Resolutionen gegen Antisemitismus und für Kunstfreiheit
Board-Mitglieder Doris Akrap und Simone Buchholz – nicht auf der Mitgliederversammlung, sondern auf dem Kongress tags darauf. Foto: Ali Ghandtschi

Die Autorenvereinigung PEN Berlin hat am Freitag an der Humboldt Universität zu Berlin ihre zweite Mitgliederversammlung in Präsenz abgehalten.

Die Sprecher Eva Menasse und Deniz Yücel bedauerten die Austritte einiger Mitglieder, die in den vergangenen Wochen im Zuge der Auseinandersetzung um den Nahostkonflikt für mediale Aufmerksamkeit gesorgt hatten, bekräftigten aber den Anspruch auf politische Vielfalt: »Wir nehmen die – sehr unterschiedliche, auch gegensätzliche Kritik aus Teilen der Mitgliedschaft ernst. Und ich denke, dass die konstruktiv geführte Debatte auf der Mitgliederversammlung ein großer Schritt war, künftig mit internen Meinungsverschiedenheiten besser umzugehen als zuletzt«, sagte PEN Berlin-Sprecher Deniz Yücel. »PEN Berlin wollte nie eine Gesinnungsgemeinschaft sein. Daran halten wir fest. Und wir erinnern daran, dass dieser Verein vom Engagement seiner Mitglieder lebt, wofür wir uns bei allen, die uns in den letzten Wochen unterstützt haben, herzlich bedanken.«

Die Versammlung wählte 68 neue Mitglieder hinzu, davon 43 Frauen. In den PEN Berlin aufgenommen wurden unter anderem die Schriftsteller:innen Nava Ebrahimi, Deborah Feldman, Charlotte Gneuß, Navid Kermani und Fiston Mwanza Mujila, die Dramatikerin Sivan Ben Yishai, der Lyriker Martin Piekar, die Publizisten Hamed Abdel-Samad, Bernd Stegemann und Sophie Passmann, der Historiker Per Leo und der Philosoph Omri Boehm. Damit wächst der Verein auf rund 650 Mitglieder und auf einen Frauenanteil von 49 Prozent.

Ins Board, das Leitungsorgan des Vereins, wählte die Mitgliederversammlung anstelle der ausgeschiedenen Schriftstellerinnen Ronya Othmann und Julya Rabinowich die Journalistin Doris Akrap (taz) und die Schriftstellerin Dana Grigorcea (»Die nicht sterben«) nach.

Zugleich beschloss die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit zwei Resolutionen. 

Unter dem Titel »Solidarität mit Jüd:innen in Deutschland, Israel und überall« wird unter anderem der Dachverband PEN International kritisiert, er habe nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober »keine Empathie für die israelischen Opfer erkennen« lassen. Der PEN Berlin stehe »für den freien, fairen, pluralistischen, offenen Austausch unterschiedlicher, auch unvereinbarer Positionen«, was jedoch kein »Recht auf Hate Speech und Gewaltaufrufe« bedeute.

In der anderen, »Gegen gesellschaftliche Polarisierung und illiberale Tendenzen im Kulturbetrieb« betitelten Resolution wird dazu ermahnt, an der »vielfältigen Kunst- und Wissenschaftsszene« festzuhalten, die auch Projekte und Forschungen zulassen müsse, die nicht allen gefielen. Meinungs- und Kunstfreiheit bedeuteten kein Recht auf Widerspruchsfreiheit, jedoch gebe »es einen kategorialen Unterschied zwischen Kritisieren und Absagen«.

»Beide Resolutionen betonen, bei etwas unterschiedlicher Akzentuierung, das Gemeinsame und nicht das Trennende«, sagte Sprecherin Eva Menasse, »allen voran sind sie ein starkes Bekenntnis zur Vielfalt der Meinungen, innerhalb des Vereins wie für unsere Gesellschaft – und damit das, was man zur Zeit gar nicht oft genug wiederholen kann«.

An diesem Samstag findet der zweite öffentliche Kongress des PEN Berlin statt (ab 13 Uhr, Festsaal Kreuzberg). Auf Podiumsveranstaltungen wird es ebenso um literarische Themen wie »Ich, Ich, Ich: In der Autofiktionshölle« und »Poesie als Lebensform« gehen wie um gesellschaftliche und politische. Eine Gesprächsrunde ist mit Israelis und Palästinenser:innen besetzt, in einer anderen wird es um Antisemitismus & Rassismus in der Einwanderungsgesellschaft gehen. Die Aktivistin Sareh aus dem Iran, gegen deren Inhaftierung und Todesurteil PEN Berlin protestierte, wird zum ersten Mal nach ihrer Freilassung in Berlin sprechen. Am Abend wird es einen Poetry Slam »Mensch gegen KI« geben; außerdem wird der Dissident und international bekannte Schriftsteller Sasha Filipenko zur Lage in seinem Heimatland Belarus sprechen. 

Nach dem Schriftsteller und Präsidenten von PEN America, Ayad Akhtar, im vergangenen Jahr, sollte die schottische Star-Autorin A.L. Kennedy die Festrede halten. Mit dem allergrößten Bedauern müssen wir nun kurzfristig bekanntgeben, dass A.L.Kennedy nicht in Person, sondern nur per Digitalübertragung anwesend sein kann. Bis zum späten gestrigen Abend hat PEN Berlin gemeinsam mit der Autorin versucht, ihre Reise nach Berlin doch noch möglich zu machen – ihr wurde in London ihr Rucksack mit allen Wertsachen, inklusive ihrer Reisedokumente gestohlen. Es war nicht möglich, in der kurzen Zeit provisorische Reisedokumente zu besorgen – das ist wie eine bittere Bestätigung für die prononcierte Kritikerin des Brexit. 

 

Das detaillierte Programm finden Sie hier.

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