Kongress 2023: „Mit dem Kopf durch die Wände“

Zweiter Kongress des PEN Berlin: »Mit dem Kopf durch die Wände«
16. Dezember 2023, Festsaal Kreuzberg, Berlin

Eröffnungsrede von Deniz Yücel: Tätige Verzweiflung oder Behind the Scenes of PEN Berlin

PEN Berlin
Blick aus dem Festsaal Kreuzberg auf Deniz Yücels Eröffnungsrede | Foto: Ali Ghandtschi

»Auch wenn das oft verwechselt wird, geht der Streit in Deutschland ja zum Glück nicht um die Frage ›Israel-Boykott: ja oder nein?‹, sondern darum, wie man mit Künstlern umgehen soll, die die BDS-Kampagne unterstützen. (…) Weil wir im Zweifel immer dafür sind, Debattenräume so weit wie möglich offen zu halten. Weil die Freiheit des Wortes auch die Freiheit des dummen, des verstörenden, gar des vermeintlich skandalösen Wortes umfasst. Weil wir mit unserem letztjährigen Festredner Ayad Akhtar gegen jedes ›Klima digitaler Einschüchterung‹ sind. Weil wir Cancel Culture nicht nur dann ablehnen, wenn‘s uns gerade in den Kram passt. Aus all diesen Gründen lehnen wir, das Leitungsgremium des PEN Berlin, einen pauschalen Boykott von allem und jedem, der irgendwie als ›BDS-nah‹ etikettiert wird, ab. Und darum lehnen wir auch BDS ab. Ist doch logisch, oder?« GANZE REDE

Rede von Ursula Krechel: Noch immer für die Freiheit des Wortes

PEN Berlin
Doris Akrap und Simone Buchholz beim Auflegen | Foto: Ali Ghandtschi

»Alles nimmt ab: den Parteien laufen die Mitglieder weg, die Kirchen stehen starr vor Schreck vor den gigantischen Austrittszahlen, Sportvereine klagen, dass sich Menschen nicht mehr an einen Verein binden wollen, ebenso die Freiwilligen Feuerwehren, dass nur noch wenige ehrenamtliche Funktionen ausüben wollen – an der Feuerspritze oder im brennenden Haus. Sollen andere sich doch die Finger und die Schnauze verbrennen. Und da stehen wir: Lauter ehrenamtliche Menschen mit einem Beruf, vor dem uns unsere Eltern gewarnt haben. SchriftstellerInnen, die sich freiwillig zusammengeschlossen haben, Arbeitsgruppen gründen, die versuchen, Bedrängten Schutz zu bieten. Zweigstellen in aller Welt, quotenstark, divers, Superperformer. GANZE REDE

 

Impulsreferate von Adrian Daub und Susan Neiman: Wie geht woke, wo geht’s nach links?

PEN Berlin
Adrian Daub und Susan Neiman bei ihren Impulsreferaten, hinten Moderator Jan Feddersen | Fotos [m]: Ali Ghandtschi

Adrian Daub: »Der Verdacht drängt sich auf, dass es das Objekt der Erregung über Woke so gar nicht gibt, oder wenn, dann nur in der Erregung darüber. Wirklich scharf ist an den Charakteristiken nur die Kritik, die Ablehnung. Es ist keineswegs illegitim, sich eines rechten Kampfbegriffes zu bedienen. Nur: Ob man damit die Linke rettet, steht auf einem anderen Blatt.« GANZES REFERAT

Susan Neiman: »Als erster Stelle steht der Universalismus. Kulturelle Vielfalt ist sowohl eine Tatsache wie auch ein Segen, doch wenn es um politische Fragen geht, sollten wir uns auf das konzentrieren, was alle Menschen verbindet. Das Gegenteil von Universalismus wird heute Identitätspolitik genannt (…). Das zweite Grundprinzip linksliberalen Denkens ist die Forderung, Gerechtigkeitsansprüche und Machtansprüche zu unterscheiden.« GANZES REFERAT

Festrede von A.L. Kennedy: Tut mir leid, dass alles scheiße ist

PEN Berlin
Videoschaltung während des Kongresses: A.L. Kennedy, Konstantin Küspert (beide Leinwand), Eva Menasse (Bühne) | Foto: Patricia-Holland-Moritz

»Als PEN 1921 in Großbritannien gegründet wurde, waren autoritäre Bewegungen genauso im Aufwind wie heute. (…) Eine Gruppe prominenter Schreibender unternahm etwas, um Autor:innen zu verteidigen – professionelle Lügner:innen, wenn Sie so wollen. Ich glaube, das taten sie wegen der zentralen Wahrheiten unseres Tuns: Alle Menschen sind Menschen, alle haben eine Stimme, die Welt ist kompliziert und braucht Barmherzigkeit, ein gutes Leben findet den Weg, indem es das naheliegende Liebevolle tut. Es klingt schwach, ungewohnt, sogar seltsam, wenn ich es so ausspreche – aber Liebe ist die stärkste Kraft. Es gereicht Großbritannien zur ewigen Schande, dass PEN, würde die Organisation heute gegründet, kräftezehrend kontrovers wäre, als ausländische Seuche verdammt würde, als Beispiel einer selbstherrlichen intellektuellen Elite.« GANZE REDE

PEN Berlin Kongress 2023

Festsaal Kreuzberg, Am Flutgraben 2, 12435 Berlin
Samstag, 16. Dezember 2023

Eröffnungsrede von Deniz Yücel (Journalist, Sprecher PEN Berlin) | Festsaal

14.30 Uhr | Problembaklava: Antisemitismus & Rassismus in der Einwanderungsgesellschaft
Podiumsdiskussion | Festsaal
Mit: Imran Ayata (Campaigner, Publizist, DJ), Jouanna Hassoun (Politische Bildnerin, Sozialmanagerin), Murat Kayman (Jurist, Publizist) und Erica Zingher (Journalistin). Moderation: Daniel-Dylan Böhmer (Journalist)

15.00 Uhr | Poesie als Lebensform: Zwischen Netzwerkbildung und Institution
Podiumsdiskussion | Kaminzimmer
Mit: Hendrik Jackson (Lyriker), Birgit Kreipe (Lyrikerin) und Daniela Seel (Lyrikerin, Verlegerin). Moderation: Asmus Trautsch (Philosoph, Lyriker)

15.30 Uhr | Reden auf schmalem Grat: Israel & Palästina
Podiumsdiskussion | Festsaal
Mit: Fadi Abdelnour (Verleger, Buchhändler), Sarah El Bulbeisi (Kulturwissenschaftlerin), Tomer Dotan-Dreyfus (Schriftsteller) und Yehudit Yinhar (Künstlerin). Moderation: Elisabeth von Thadden (Journalistin)

16.00 Uhr | Ich, Ich, Ich: In der Autofiktionshölle
Podiumsdiskussion | Kaminzimmer
Mit: Katja Lange-Müller (Schriftstellerin), Elke Schmitter (Journalistin, Schriftstellerin, anstelle des erkrankten Dirk von Lowtzow)  und Miryam Schellbach (Literaturkritikerin, Programmleiterin). Moderation: Christian Ankowitsch (Journalist, Schriftsteller)

16.30 Uhr | Noch immer für die Freiheit des Wortes | Festsaal
Ursula Krechel (Schriftstellerin, Vize-Präsidentin der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz)

16.45 Uhr | Wie geht woke, wo geht’s nach links? | Festsaal
Impulsreferate. Anschließend Plenumsdiskussion
Mit: Adrian Daub (Literaturwissenschaftler), Susan Neiman (Philosophin) und dem Publikum (Publikum). Moderation: Jan Feddersen (Journalist)

17.00 Uhr | Nach der Todeszelle im Iran: Sareh | Kaminzimmer
Mit: Sareh (Zahra Sedighi Hamedani) (LGBT-Aktivistin), Shadi Amin (Publizistin, LGBT-Aktivistin). Moderation: Shila Behjat (Journalistin)

18.00 Uhr | Belarus: Über eine vergessene Diktatur in Europa | Festsaal
Sasha Filipenko (Schriftsteller)

18.15 Uhr: To Bot or not to Bot? Künstliche Intelligenzen gegen Menschen
Poetry Slam | Festsaal
Mit: Bas Böttcher (Schriftsteller, Slam Poet), Lucia Lucia (Lyrikerin, Slam Poetin), Jayrôme Robinet (Schriftsteller, Slam Poet) und Temye Tesfu (Lyriker, Slam Poet). Moderation: Aron Boks (Schriftsteller, Slam Poet)

19.30 Uhr | Festrede von A.L. Kennedy (Schriftstellerin) | Festsaal

20.30 Uhr | Durchatmen, dann Disco | Festsaal
Mit: Doris Akrap (Journalistin) und Simone Buchholz (Schriftstellerin, Board PEN Berlin)

 

 

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