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Kongress: »Der Trick ist zu reden«

2. Dezember 2022, Berlin, Festsaal Kreuzberg

Beiträge

Eröffnungsrede von Eva Menasse, Sprecherin des PEN Berlin:»Seit dem 24. Februar, seit Russland die Ukraine brutal überfallen hat, herrscht wieder Krieg in Europa. Neben allen existenziellen Sorgen, die dieser Krieg auch hierzulande auslöst, fordert er unsere Diskussionsfähigkeit noch einmal auf eine besondere Weise heraus. Ich bin davon überzeugt, dass einer Organisation wie dem PEN eine wichtige Aufgabe auch darin zukommt, den Austausch von Schriftstellern gerade aus diesen beiden Ländern nicht versiegen zu lassen. Fehler wurden dabei gemacht und werden wohl auch in Zukunft nicht zu verhindern sein: Es ist ebenso unangemessen, von ukrainischen Schriftstellern regelmäßig zu verlangen, doch zumindest den literarischen Wert von Puschkin bis Dostojewski anzuerkennen, wie jedem russischen Künstler erst einmal den rituellen Anti-Putin-Schwur abzufordern. Und es wäre ebenso verfehlt, ukrainische Autorinnen ausschließlich danach zu beurteilen, ob sie gerade rasend Lust haben, mit russischen Kolleginnen öffentlich zu diskutieren, und seien es noch so bekannte Dissidentinnen.« GANZE REDE

Festrede von Ayad Akhtar, Präsident von PEN America:»Obwohl öffentliche Rede in gewisser Hinsicht eindeutig freier geworden ist, befinden wir uns heute in den USA mitten in einem kulturellen Wandel hin zu einem Diskurs voller strafbewehrter Verbote. Die gegenwärtige Identitätspolitik zwingt uns widersprüchliche moralische Landkarten auf, die bestimmen, welche Rede für welche Gruppe akzeptabel ist und welche nicht. Zunehmend macht sich ein Klima digitaler Einschüchterung breit, und mit ihm die Angst, frei zu sprechen oder auch nur frei zu denken. Im Aufstieg begriffen ist zudem eine tiefe, weitverbreitete Intoleranz gegenüber Ansichten, die für inakzeptabel oder sogar ›unmoralisch‹ gehalten werden.« GANZE REDE

Videobotschaft von Serhij Zhadan, Friedenspreisträger anlässlich der Kampagne »Feuerwehrautos für Charkiw«: »Dies sind sehr schwierige Zeiten. Aber wir müssen sie überleben. Überleben, um weiterhin in unserem Land zu leben und unsere Städte wieder aufzubauen. Ich danke Ihnen für Ihre Solidarität.« VIDEO

Keynote von Herbert Wiesner, langjähriger Generalsekretär des PEN Deutschland mit Sitz in Darmstadt, zu Georges-Arthur Goldschmidt: »Goldschmidts höchst komplexes Buch ›Der Ausweg‹ lässt solche Deutungen zu, doch was er zu erzählen sich vorgenommen hatte, war sehr viel mehr als eine neue Schilderung erlebten Lebens. Er hat das literarische Referenzsystem seines Schreibens abgesteckt, auf Sigmund Freuds Text ›Ein Kind wird geschlagen‹ verwiesen, auf Handkes ›Kaspar‹, Rousseaus ›Confessions‹ und immer wieder auf den Roman ›Anton Reiser‹ von Karl Philipp Moritz. Auch ›À rebours‹ von Joris-Karl Huysmans, wiederentdeckt von Michel Houellebecq, zählt zu diesem System, in dem der Masochismus als ein Akt der ›Integration‹ begriffen wird: Erst wenn der Geschlagene Lust erfährt, gewinnt er sein Selbst zurück. Ganz am Ende des ergreifenden Buchs scheint selbst dieser Ausweg ins Überleben als ein Schuldigwerden gegenüber einem von der SS hingerichteten Mitschüler Arthur Kellerlichts.« GANZE REDE

Presseberichte und Interviews rund um Kongress und Mitgliederversammlung

Fotos

Fotos: Hartwig Klappert. Use in connection with coverage of the PEN Berlin Congress and photo credit free of charge

Programm

14.00 Eröffnung: Eva Menasse

14.30 Die Poesie des Scheiterns – Fuck up hour
Mit: Adriana Altaras, Konstantin Küspert, Jo Lendle, Jackie Thomae
Moderation: Simone Buchholz

15.45 Gewalt, Erinnerung, Literatur
Keynote: Herbert Wiesner zu Georges-Arthur Goldschmidt
Podium: Ursula Krechel, Tanja Maljartschuk, Khuê Phạm, Meral Şimşek
Moderation: Michel Friedman

17.15 Wer zuerst schießt – was (uns) die Freiheit des Wortes bedeutet
Mit: Jan Fleischhauer, Karen Köhler, Ijoma Mangold, Manja Präkels
Moderation: Thea Dorn 

20.00 Festrede: Ayad Akhtar, Präsident PEN America

21.00 Konzert: MUFF POTTER

22.30 Disko Inferno
Mit: Doris Akrap, Imran Ayata, Ulrich Gutmair, DJ Rolandsbogen

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