Medien

[Interviews, namentlich gezeichnete Beiträge oder offene Briefe, die einzelne Boardmitglieder unterzeichnet haben, geben nicht notwendig die Ansichten des gesamten Boards des PEN Berlin wieder.]

Julian Assange: Vorerst keine Auslieferung an die USA

WirtschaftsWoche, dpa, 26. März 2024: »Der Schriftstellerverband PEN Berlin lobte die Entscheidung ebenfalls, mahnte aber, es sei noch keine Entscheidung in der Sache gefallen. ›Julian Assange konnte heute nicht gewinnen; für ihn ging es nur darum, nicht zu verlieren (…)‹, sagte PEN-Berlin-Sprecherin Eva Menasse laut einer Mitteilung.« LINK

Leipziger Buchmesse ’24

Börsenblatt, Bericht von Nils Kahlefendt, 26. März 2024: »wenn [Stephan Anpalagan] – klug und rhetorisch brillant – mit ein, zwei druckreif formulierten Sätzen den Kern eines Problems freilegt, kann man auch auf einem lärmumtosten Buchmesse-Forum die berühmte Stecknadel zu Boden fallen hören. Stephan Anpalagan (…) heimste womöglich die Hälfte der Redezeit auf einem rappelvollen, vom PEN Berlin organisierten Podium am Buchmesse-Sonntag ein, das mit der „aspekte“-Literaturpreisgewinnerin Miku Sophie Kühmel und dem Autor Max Annas eh schon gut besetzt war. Die von Sophie Sumburane moderierte Runde ›Wie Rechte reden‹ ging vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahlen im Osten der Frage nach, wie Sprache Radikalisierung beeinflusst – und was andererseits Sprache und Literatur im Kampf gegen Rechtsextremismus tun können. « LINK

Podiumsdiskussion »Protestbauern, Bauernproteste« im Humboldt Forum

V.l.n.r.: Doris Akrap, Reinhard Kaiser-Mühlecker, Nataša Kramberger, Karen Duve, Cem Özdemir

Zeit, Bericht von Maja Beckers, 6. März 2024: »Der Abend beginnt mit dem Hinweis, wie unwahrscheinlich dieser Abend ist. Man habe lange suchen müssen, sagt Doris Akrap, Journalistin und Mitglied des PEN Berlin, um Menschen zu finden, die sowohl Landwirte als auch Schriftsteller sind. (…) Eine vom PEN Berlin ausgerichtete Diskussion mit dem Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mit dem Titel Bauernproteste – Protestbauern wäre also nicht am Zeitplan des Ministers gescheitert. (…) Schön ist, dass sich diese Runde gar nicht einig ist, ob es diesen Riss zwischen den Welten überhaupt gibt. Reinhard Kaiser-Mühlecker glaubt, Bauern würden von vielen als Subventionsempfänger gesehen. (…) Man kennt die meisten Argumente, aber vor allem Duves Energie setzt die Runde in Schwung. (…) Und dann gibt es doch noch einen kleinen Moment in der ansonsten rein politischen Diskussion, der daran erinnert, dass Schriftsteller auf der Bühne sitzen.« LINK [€]

 

Welt, Bericht von Christoph Kapalschinski, 6. März 2024: »Da konnte die Wahl-Brandenburgerin Duve noch so wettern – etwa gegen Bauern, die Unterstützung forderten für Probleme mit dem Klimawandel, den sie selbst mitverursachten. (…) ›Mir kommt der Bauernverband immer vor wie ein ungezogenes Monsterkind, das seit Jahrzehnten kein Nein gehört hat‹, schimpfte die 62-Jährige. Daher müsse endlich ein Keil zwischen die Bauernfunktionäre und die Landwirte getrieben werden. Das allerdings ist so ziemlich das Gegenteil der politischen Taktik Özdemirs. (…) Was ›diese Regierung‹ geschafft habe sei ›große Staatskunst‹, ätzte der Minister über die Kabinettskollegen: Die zerstrittenen Bauernfraktionen seien ›für einen Moment alle geeint wegen des Agrardiesels‹. Und das zu Recht: Schließlich gebe es keine ökologische Alternative als Treibstoff für Trecker. Zudem habe die Ampel versäumt, vor den Beschlüssen mit den Landwirten zu sprechen. ›So bringt man die Leute dazu, Klimaschutz zu hassen‹, warnte Özdemir.« LINK [€]

Nach dem Todestrakt: Die Frauenrechtlerin Sareh Sedighi-Hamadani

 Sareh Sedighi-Hamadani

WDR, Westart, Bericht von Claudia Kuhland über Sareh Sedighi-Hamadani, 27. Februar 2024: »Zuvor war sie anderthalb Jahre im Iran im Gefängnis. Am 4. September 2022 wurde sie zum Tode verurteilt. Ihr Verbrechen: Sie kämpfte für die Rechte von LGBTQ-Personen und ist selbst lesbisch. Vor einem Jahr, am 18. März 2023, kam sie auf Kaution frei – vermutlich das Ergebnis einer internationalen Kampagne, an der auch der PEN Berlin beteiligt war. Jetzt engagiert sich Sareh Sedighi-Hamadani im Exil gegen das iranische Terrorregime.« VIDEO

 

 

Lesung »Nie wieder ist jetzt« in Hamburg

Katharina Hagena liest Heinrich Heine. Foto: Michael Kohls

NDR Kultur, Journal, Gespräch von Katja Weise mit Katharina Hagena, 16. Januar 2024: »Eigentlich war es auch vom PEN Berlin initiiert. Wir Hamburger Mitglieder des PEN Berlin haben gesagt: ›Wir sind die zweitgrößte Stadt – es kann ja wohl nicht sein, dass wir so eine Veranstaltung nicht hinbekommen.‹ Daraufhin haben wir angefangen, uns die Leute zusammenzusuchen. Was uns von den anderen beiden Lesungen unterschiedet, ist, dass wir den Anspruch oder den Wunsch hatten, mit dem Jüdischen Salon am Grindel zusammenzuarbeiten, nicht nur über das jüdische Leben oder das Jüdischsein zu sprechen, sondern auch mit jüdischen Menschen im Gespräch zu bleiben. Darüber sind wir besonders glücklich.« LINK und AUDIO

Hamburger Abendblatt, Bericht von Stefan Hentz, 17. Januar 2024: »›Nie wieder ist jetzt!‹ Schon im Titel ihrer in Kooperation mit der Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky veranstalteten Kollektivlesung von ›Texten gegen Antisemitismus‹ setzt die noch junge Schriftsteller-Vereinigung PEN Berlin einen starken Ton. Entsprechend ist die Resonanz: der Lichthof restlos gefüllt, die Spannung hoch. (…) In dieser Situation, so umreißt die Hamburger Autorin Simone Buchholz in ihren kurzen Einführungsworten die Absicht der veranstaltenden Literat/-innen, wollen sie den jüdischen Menschen ›zeigen, dass wir da sind und dass wir neben ihnen stehen‹.« LINK [€]

NDR Kultur, Journal, Bericht von Peter Helling, 17. Januar 2024: [Besucher:] »Besonders eindrucksvoll fand ich den Text von Jakob Wassermann. Dieses Vergeblich. Fand ich bitter. Da denke ich: Das kann’s aber doch nicht sein, ich bin Lehrer an dieser Schule, da denk‘ ich: Nee, das darf doch nicht so stehen bleiben.« (…) [Carsten Brosda:] »Wir stehen zusammen, wir sind zusammen, wir können eine Einheit bilden. Wir erinnern uns: ›Nie wieder‹ meint jetzt und meint immer.«  AUDIO

18 Monate PEN Berlin

MDR Kultur, Kultur am Nachmittag, Gespräch mit Alexandru Bulucz, 20. Dezember 2023: »Ein weiterer deutscher PEN wurde deshalb nötig, weil die Zeit, in der wir leben, konfliktreich ist und ihre eigenen Bedürfnisse hat, auf die man flexibel reagieren muss. 18 Monate nach der Gründung des PEN Berlin kann man deutlich einige Unterschiede ausmachen zum deutschen PEN in Darmstadt: vor allem die Bereitschaft, die gesellschaftspolitische Debatte mitzugestalten, das hat sich in letzten Wochen gezeigt. (…) Es gab zwei Resolutionen, die sich einander ergänzen: eine zur ›Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland, Israel und überall‹ und eine ›Gegen gesellschaftliche Polarisierung und illiberale Tendenzen im Kulturbetrieb‹. (…) Wir unterstreichen mit der letzten die Notwendigkeit, den Begriff der Meinungsfreiheit möglich weit zu fassen. Das ist wiederum etwas, das so viele Komplexe tangiert in Deutschland mit seiner besonderen Geschichte: Grundfragen der Erinnerungspolitik und des Shoa-Gedenkens, aber auch Zäsuren der Gegenwart wie den 7. Oktober.« AUDIO

Mitgliederversammlung und Kongress »Mit dem Kopf durch die Wände« (15./16.12.2023)

Deniz Yücel bei der Eröffnung des PEN-Berlin-Kongresses. Foto: Ali Ghandtschi

DLF Kultur, Fazit, Beitrag von Stephanie von Oppeln, 15. Dezember 2023: »Auf jeden Fall war es offensichtlich, dass sich alle sehr um einen ruhigen und sachlichen Ton bemühten. (…) Und es lief wirklich sehr geordnet, ja professionell ab. Es gab eine klar begrenzte Redezeit von zwei Minuten pro Beitrag und das wurde weitgehend eingehalten. Die Positionen gingen zum Teil sehr weit auseinander, aber man hörte einander zu, ging sehr respektvoll miteinander um. Und man hatte alles andere als den Eindruck einer Krise. Es waren ja auch im Konflikt um die Israel-Frage etwa zehn Mitglieder ausgetreten. Und heute sind 66 neue Mitglieder aufgenommen worden.« LINK und AUDIO

Tagesspiegel, Kommentar von Gerrit Bartels, 15. Dezember 2023: »Natürlich kann es bei einer PEN-Vereinigung nicht nur um Hypes und interne Debatten gehen. Der Arbeitsauftrag lautet, sich für die Freiheit des Wortes, von Meinungen einzusetzen und in aller Welt verfolgten Schriftstellerinnen und Schriftstellern zur Seite zu stehen, materiell, mehr noch immateriell, beispielsweise wie zuletzt die Forderung nach der Freilassung des im Iran inhaftierten Rappers Toomaj Salehi. Doch werden solche Forderungen eher wahrgenommen, wenn man wie der PEN Berlin die Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie beherrscht. Vor diesem Hintergrund ist die Gründung dieses PENs eine einzige Erfolgsgeschichte. Egal, um im Bild des Kongress-Mottos dieses Wochenendes zu bleiben, wie viele Köpfe sich an diesen Wänden noch stoßen werden.« LINK

DLF Kultur, Studio 9, Gespräch mit Eva Menasse, 16. Dezember 2023: »Es gibt dieses Zitat von Ihnen, wo Sie Mitgliedern, die PEN Berlin öffentlich kritisieren, vorwerfen, ihnen ginge es nur um ihre eigenen ›15 Minutes of Fame.‹ Stehen Sie nach wie vor hinter dieser Formulierung?« – »Diese Formulierung hat eine hochunerfreuliche Vorgeschichte, wo mir und einem anderen jüdischen Mitglied von PEN Berlin, Susan Neiman, sehr scharf und polemisch formulierte Vorwürfe gemacht worden sind (…) Es kam in den sozialen Medien zu Ausdrücken wie ›Frauen mit Naziformat‹. Ich möchte das insofern präzisieren, als ich es nur auf Ernst Piper gemünzt hatte und nicht auf andere Mitglieder, deren Austritt wir natürlich sehr bedauern. (…) Aber wenn jemand wie Ernst Piper nie sich im Verein hat blicken lassen, nie aktiv mitgestaltet hat, nie auch das Gespräch gesucht hat, dann mit großem Getöse und sehr markigen Worten austritt und dem Verein one Not Schaden zufügt, dann finde ich ›15 Minutes of Fame‹ ein eleganter Kommentar im Vergleich zu dem, was er vorher gesagt hat.« LINK und AUDIO

Berliner Zeitung, Festrede von A.L. Kennedy, Nachdruck, 16. Dezember 2023: »Inmitten all der Provokationen und Ablenkungen, der künstlichen Streitigkeiten und der vorgetäuschten Knappheit bitte ich den PEN: Tut das, was Schriftsteller:innen tun, kontrolliert das Narrativ, durchdringt die Komplexität und die Nuancen, sprecht zu uns und für uns. Verteidigt jene, deren Leben dem Sprechen für uns alle gewidmet ist. Ich bin kein guter oder liebevoller Mensch, aber ich weiß, was wirkt – sich von der Liebe leiten lassen. Tut mir leid, dass alles scheiße ist. Aber wir können das ändern.« LINK

Im Publikum: (v.l.n.r.): Francesca Melandri, Eva Menasse, Deniz Yücel, Daniel Kehlmann, Ulrich Schreiber, Elisabeth von Thadden. Foto: Ali Ghandtschi

DLF Kultur, Studio 9, auch Deutschlandfunk, Informationen am Abend u.a. Bericht von Tomas Fitzel, 16. Dezember 2023: »Am Vortag die Mitgliederversammlung: Der große Kladderadatsch blieb aus. Der PEN Berlin hat damit seine erste Krise gut überstanden. Das ist die eine Lesart. Eine andere würde lauten: Gab es überhaupt eine Krise des PEN? (…) Der Autor Daniel Kehlmann: Was ich gestern gesehen habe, war ruhige, klare Diskussion. Und ich denke wirklich, das war eine herbeigeschriebene Krise. Zu den Autoren, die im Vorfeld den Streit auf den sozialen Medien mitbefeuert und scharfe Diskussion gefordert haben, gehörte der Autor Alban Nikolai Herbst: (…) ›Der PEN Berlin ist eine utopische Gründung. Der versucht etwas, was es vorher nie gegeben hat. Und das fängt an zu gelingen: dass man über die politischen Lager, von erzkonservativ bis hin zu links, miteinander da ist, verschiedene Meinungen hat und diese Meinungen auch austrägt.‹« LINK, LINK und AUDIO 

dpa, Bericht von Gerd Roth, übernommen u.a. von der Süddeutschen Zeitung, 16. Dezember 2023: »Auch nach internen Auseinandersetzungen über eine Position zur aktuellen Entwicklung im Nahost-Konflikt will die Autorenverbindung PEN Berlin an differenzierenden Einschätzungen festhalten. ›Wir sind im Zweifel immer dafür, Debattenräume so weit wie möglich offenzuhalten‹, sagte der Co-Sprecher der Vereinigung, Deniz Yücel, am Samstag während des PEN-Kongresses ›Mit dem Kopf durch die Wände‹. ›Die Freiheit des Wortes umfasst auch die Freiheit des dummen Wortes, des vermeintlich skandalösen Wortes, des verstörenden Wortes.‹« LINK

Berliner Zeitung, Bericht von Susanne Lenz, 16. Dezember 2023: »Yücel in der Eröffnungsrede weiter: Er habe nicht bedacht, dass das Fehlen einer Solidaritätsadresse in einer Weise interpretiert werden könne, die niemals beabsichtigt war. Und die beiden Resolutionen stünden nicht gegeneinander. ›Bravo, bravo, bravo‹, rief ihm Susan Neiman aus der ersten Reihe zu. Das Wochenende stand also im Zeichen der Versöhnlichkeit, oder des Vermeidens einer Zerreißprobe. Und wenn schon Bekenntnis, dann das zum intellektuellen Streit. Eva Menasse und Deniz Yücel bedauern die Austritte, bekräftigen aber den Anspruch auf politische Vielfalt: ›Wir nehmen die sehr unterschiedliche, auch gegensätzliche Kritik aus Teilen der Mitgliedschaft ernst‹, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Denn manchen sei der PEN Berlin ja auch zu israelnah. Aber Deniz Yücel sagte auch: ›PEN Berlin wollte nie eine Gesinnungsgemeinschaft sein. Daran halten wir fest.‹« LINK

Frankfurter Allgemeine, Beitrag von Julia Encke, 17. Dezember 2023: »Auf der Mitgliederversammlung war der Schriftsteller Alban Nikolai Herbst aufgestanden und hatte sein Unverständnis darüber geäußert, warum die Einladung an A. L. Kennedy gerade nach dem 7. Oktober nicht wenigstens abgesagt worden‹ sei. (…) Deniz Yücel hatte die Aufgaben des PEN Berlin nochmals skizziert: Einsatz für die Freiheit des Wortes, der Kunst und der Presse und die Unterstützung von Kollegen, die verfolgt, verhaftet oder gefoltert werden, weil sie von genau diesen Rechten Gebrauch machten. ›Was wir dabei nicht machen‹, so Yücel, ›ist, zu überprüfen, was diese Leute zu welchem Thema denken, so kann man diese Arbeit nicht machen.‹ Und so gehe er auch nicht ran, wenn er Veranstaltungen plane. (…) ›Hätten wir die Lesung, die wir auf der Frankfurter Buchmesse für die Autorin Adania Shibli gemacht haben, auch für Uwe Tellkamp gemacht? Ja, hätten wir.‹ Was denn passieren könne? Im schlimmsten Fall halte jemand eine Rede, die ›du oder ich oder wir scheiße finden – so what?« LINK [€] 

Süddeutsche Zeitung, Beitrag von Nele Pollatschek, 17. Dezember 2023: »Natürlich ist eine Resolution zum Massaker vom 7. Oktober eben eine Resolution, die den Themenbereich des PEN verlässt. In diesem Sinne also ›ein Dammbruch‹, wie es Journalist und PEN-Berlin-Mitglied Ijoma Mangold anmerkte, der dem Inhalt der Resolution voll zustimmte, nicht aber dem Gedanken, dass es überhaupt eine politische Resolution geben dürfe. Von nun an können Mitglieder bei jedem groß- oder kleinpolitischen Ereignis einen Präzedenzfall aufzeigen, auf Grund dessen sie weitere Resolutionen und Solidaritätsbekundungen verlangen können – auch bei Themen, zu denen es stark abweichende Meinungen gibt (in einem Autorenverband sind das die meisten Themen).« LINK

Zeit-Online, Beitrag von Iris Radisch, 17. Dezember 2023: »Während man vom PEN-Zentrum Deutschland nach dem großen Streit in der Tat wenig gehört hat (es tagte zuletzt ziemlich unbemerkt unter dem Motto ›Verteidigung von Kunst, Traum und Phantasie‹ in Tübingen), reden jetzt alle vom PEN Berlin, von dessen Glamour und dessen Konflikten. Beides war auf dem PEN-Berlin-Kongress am Samstag zu erleben. Im Festsaal Kreuzberg mit Bar-Betrieb und Loungemusik wurde unter dem Motto ›Mit dem Kopf durch die Wand‹ ein dichtes Programm abgespult.« LINK

RBB Inforadio, Bericht von Tomas Fitzel, 17. Dezember 2023: »Deniz Yücel bestand auf einen Kerngedanken, der zur Gründung des PEN Berlin geführt hatte: [Deniz Yücel:] ›We agree to disagree; wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind.‹ Dies wurde sehr beeindruckend in verschiedenen Diskussionspanels vorgeführt. Dazwischen zeigte der PEN Berlin, worum es ihm in erster Linie geht: um die Solidarität mit den verfolgten und inhaftierten Autoren weltweit. Wie die uigurische Ethnologin und Autorin Rahile Davut, die in China verschwunden ist. [Alexandru Bulucz:] ›Wir fordern ihre sofortige Freilassung.‹ Auch wenn auf anderen Panels über Poesie als Lebensform oder Autofiktion in der Literatur diskutiert wurde, war der Terror der Hamas und der Krieg in Gaza das beherrschende Thema. (…) Zwei israelische und zwei palästinensische Autoren und Künstler rangen sichtbar um Worte.« LINK und AUDIO

Sareh (Zahra Sedighi Hamedani). Foto: Ali Ghandtschi

taz, Bericht von Julia Hubernagel, 17. Dezember 2023: »Meinungsfreiheit ist das Kernthema des PEN. Zwischen den Diskussionsrunden machen Mitglieder des PEN Berlin auf verfolgte Au­to­r:in­nen aufmerksam; auf berühmte wie Julian Assange, aber auch weniger bekannte, wie die zu lebenslanger Haft verurteilte uigurische Autorin Rahile Dawut, die seit sechs Jahren niemand mehr gesehen hat. Welche Konsequenzen das Eintreten für ein Recht auf free speech haben kann, war anschaulich im zweiten Saal des Festsaal Kreuzbergs zu sehen. Dort erzählt die LGBT-Aktivistin Zahra Sedighi-Hamedani, wie sie den Beginn der ›Frau, Leben, Freiheit‹-Proteste in Iran aus dem Gefängnis mitverfolgte und wie ihr Eintreten für universelle Rechte dazu führte, dass sie schließlich zum Tode verurteilt wurde.« LINK

Neue Zürcher Zeitung, Beitrag von Paul Jandl, 17. Dezember 2023: »Der deutsch-türkische Jurist und Publizist Murat Kayman stellte dabei dem Anpassungswillen bestimmter muslimischer Gemeinschaften ein ausgesprochen schlechtes Zeugnis aus. Die von der Türkei aus gelenkte Diaspora-Politik nütze die Identität der Muslime, um sie in Einwanderungsländern wie Deutschland als nationale Minderheit zu implementieren. Dieser Zugriff sorge dafür, dass die Ressentiments der türkischen Gemeinschaft gegenüber der Mehrheitsgesellschaft erhalten blieben. Ein Dialog werde verunmöglicht.« LINK

Tagesspiegel, Beitrag von Gerrit Bartels, 17. Dezember 2023: »Fast naturgemäß hatten die den Nahostkonflikt betreffenden Diskussionen den größeren Zulauf als die ausschließlich der Literatur verpflichteten (…). Ja, und dann war noch die vorab so umstrittene Rede von Kennedy, die digital übertragen wurde: (…) Kennedys Rede hatte etwas Predigendes, mit der Betonung auf das Menschsein an sich und der Liebe. Vor einem apokalyptisch anmutenden Hintergrund (Corona-Pandemie, KI, Demokratien am Abgrund) legte sie ihr Augenmerk auf Wert und Wichtigkeit des Schreibens (›Wir erklären den Menschen sich selbst‹), auf das innere Wesen des PENs: ›Beim PEN muss es darum gehen, eine widerstandsfähige, organische Kultur der Fülle und der Menschlichkeit zu erhalten, der Kreativität und der ausgestalteten, stimmstarken Fiktion.‹ Man muss den Pessimismus von Kennedy nicht teilen, um ihr da zuzustimmen, um letztendlich viele Sätze ihrer Rede ganz okay zu finden.« LINK [€]

Welt, Beitrag von Jan Küveler, 17. Dezember 2023: »Es ist längst offensichtlich, dass, geprägt von Gedankengut aus Postkolonialismus und Critical Race Theory, am Dogma von der Singularität des Holocaust gerüttelt wird. (…) Dass der PEN Berlin diese Realität, so herausfordernd sie sein mag, nicht leugnet, sondern aufs Podium lädt, ist wichtig und richtig. Ob es damit getan ist, unkritisch wie Thadden zu fragen: ›Wie schaffen wir das, dass wir zukünftig ansprechen können, was bisher unterdrückt wird?‹, darf allerdings bezweifelt werden. So war dieses Panel das hilfloseste des Tags – und zugleich das interessanteste, weil es, wie Yücel es in seinem Grußwort grundsätzlich begrüßt hatte, Fragen aufwarf, die eine Antwort zumindest vorläufig schuldig blieben.« LINK

Panel » Problembaklava« mit v.l.n.r.: Daniel-Dylan Böhmer, Murat Kayman, Erica Zingher, Jouanna Hassoun und Imran Ayata Foto: Ali Ghandtschi

Deutschlandfunk, Kultur heute, Bericht von Cornelius Wüllenkemper, 17. Dezember 2023: »Kennedy kam per Videoschaltung zu Wort. Ihre Rede wirkte nachträglich wie ein konziliantes Angebot an ihre Kritiker. Kennedy warnte vor der Konkurrenz des Mitgefühls. (…) Beim Panel über Antisemitismus und Rassismus in der Einwanderungsgesellschaft beklagte die Journalistin Erica Zingher eine neue Qualität des Antisemitismus in Deutschland (…) Der frühere Ditib-Funktionär und Publizist Murat Kayman kritisierte den identitätsstiftenden Antisemitismus muslimischer Kreise in Deutschland, während die palästinensischstämmige Sozialmanagerin Jouanna Hassoun sich  gegen jedwede Pauschalisierung verwahrte. (…) Die Kritik im Vorfeld des PEN-Kongresses etwa an der Zusammensetzung der Diskussionsrunden widerlegte dieser Abend eindrucksvoll. ›Wir stimmen überein, nicht übereinzustimmen‹ das vom PEN beim Auftakt ausgegebene Motto mündete in eine vielstimmige, argumentativ lebendige und immer respektvolle Auseinandersetzung.« LINK und AUDIO

Börsenblatt, Meldung, 18. Dezember 2023: »Die Versammlung wählte 68 neue Mitglieder hinzu, davon 43 Frauen. In den PEN Berlin aufgenommen wurden unter anderem die Schriftsteller:innen Nava Ebrahimi, Deborah Feldman, Charlotte Gneuß, Navid Kermani und Fiston Mwanza Mujila, die Dramatikerin Sivan Ben Yishai, der Lyriker Martin Piekar, die Publizisten Hamed Abdel-Samad, Bernd Stegemann und Sophie Passmann, der Historiker Per Leo und der Philosoph Omri Boehm. Damit wächst der Verein auf rund 650 Mitglieder – und auf einen Frauenanteil von 49 Prozent. Ins Board (…) wählte die Mitgliederversammlung anstelle der ausgeschiedenen Schriftstellerinnen Ronya Othmann und Julya Rabinowich die Journalistin Doris Akrap (taz) und die Schriftstellerin Dana Grigorcea (›Die nicht sterben‹) nach.« LINK

Telepolis, Beitrag von Peter Nowak, 18. Dezember 2023: »Dem PEN Berlin ist es am Wochenende gelungen, nachzuweisen, dass man mit den jüdischen Menschen in Israel und überall solidarisch sein kann, ohne die neue staatliche Sanktionierung im Kulturbetrieb zu affirmieren, die dann oft wiederum auch jüdische Menschen trifft. Deniz Yücel sprach sich gegen jeglichen Boykott israelischer Künstlerinnen und Künstler aus, aber auch den Boykott von Künstlern, denen Unterschriften unter ›umstrittene Texte‹ vorgeworfen werden, die oft gar kein Bekenntnis zum BDS ist. Sehr gut brachte Yücel die aktuellen deutschen Verhältnisse auf den Punkt, wo linke, nicht selten jüdische Künstler wegen angeblicher Israelkritik gecancelt werden, während der Israel-Hasser Recep Tayyip Erdogan offiziell zum Staatsbesuch nach Deutschland eingeladen wurde.« LINK 

»Reden auf schmalem Grat«, v.l.n.r.: Elisabeth von Thadden, Yehudit Yinhar, Fadi Abdelnour, Sarah El Bulbeisi, Tomer Dotan-Dreyfus. Foto: Ali Ghandtschi

DLF Kultur, Lesart, Bericht von Lara Sielmann, 18. Dezember 2023: »Die Anspannung war gar nicht zu übersehen. Alle vier saßen recht zusammengekauert mit überschlagenen Beinen in ihrer Sofaecke. Und das gar nicht mal, weil sie nicht miteinander reden wollten, vielmehr ist es das aktuelle Debattenklima in Deutschland, das sehr verhärtet ist. (…) Kurz nach dem Panel habe ich den Buchhändler, Verleger und PEN-Berlin-Mitglied Fadi Abdelnour gefragt, was er sich von einem solchen Raums des Austauschs erhofft« [Abdelnour]: »(…) Ich hatte in den letzten Jahren, aber zunehmend in den letzten Monaten Sorgen: Die Sachen bewegen sich weg von der gewünschten Vielfaltsgesellschaft. Und dafür sind solche Räume, die PEN Berlin anbietet, sehr wichtig. Weil so viele Räume dieser Art gibt zur Zeit nicht.« LINK und AUDIO

Süddeutsche Zeitung, Glosse von Felix Stephan, 18. Dezember 2023: »Auf den Kongressen des Schriftstellerverbandes PEN lässt sich regelmäßig beobachten, dass Autoren nicht die besseren Politiker wären. Konflikte werden auch dort nicht rhetorisch ausgetragen und in Verständigung kanalisiert, stattdessen gibt es Anwaltsschreiben, Austritte, Abspaltungen, in Interviews überzieht man sich mit Vorwürfen.« LINK 

SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, Beitrag von Simon Leuthold, 18. Dezember 2023: »Gerade die Literatur im Besonderen und die Kulturwelt im Allgemeinen hätten ja nicht zuletzt die Aufgabe, da hinzuschauen, wo es wehtut und Diskurse anzutreten, weiterzuführen, statt sie polemisch in Schubladen einzuteilen und abzublocken. An Beispielen wie PEN Berlin sieht man, warum sich der Kulturbetrieb in der aktuellen Situation vielleicht so schwertut mit Stellungnahmen.« LINK und AUDIO

NDR Kultur, Der Morgen, Jan Wiedemann im Gespräch mit Deniz Yücel, 18. Dezember 2023: [Wiedemann:] »Wochen der Diskussion im PEN liegen nun hinter Ihnen, manche wollten sogar von einer Krise sprechen. Mit welchem Gefühl gehen Sie aus dem hinter liegenden Wochenende?« – [Yücel:] »Vor allem mit einem Gefühl der Ermüdung, wir machen die ganze Arbeit ja weiterhin größtenteils ehrenamtlich. Aber noch wichtiger als das Gefühl der Erschöpfung ist das Gefühl der Erleichterung. Ich glaube, wir hatten eine sehr gute, konstruktive Mitgliederversammlung. (…) [Wiedemann:] »Von Ermüdung sprechen Sie, heißt das, aus Ihrer Sicht hätte es diese Diskussion gar nicht gebraucht?« – [Yücel:] »Nee, gar nicht, das war überhaupt kein Kommentar dazu. Es ist einfach anstrengend.« AUDIO

Sasha Filipenko (li.) und Wolf Iro auf dem PEN-Berlin-Kongress. Foto: Ali Ghandtschi

Spiegel, Rede von Deniz Yücel zur Eröffnung des PEN-Berlin-Kongresses, leicht gekürzter Nachdruck, 18. Dezember 2023: »Nach dem 7. Oktober dachte ich: Es wird in Israel niemanden interessieren, ob eine deutsche Autorenvereinigung etwas dazu sagt oder nicht. Was ich nicht bedacht hatte, war, dass manche unserer jüdischen Mitglieder – ungeachtet unserer üblichen Veröffentlichungspolitik, ungeachtet unserer Lesungen gegen Antisemitismus –, das Fehlen einer Solidaritätsadresse in einer Weise interpretieren könnten, die niemals beabsichtigt war. Wenn wir euch den Eindruck von mangelndem Mitgefühl vermittelt haben, dann bedauere ich dies zutiefst. (…) Allerdings ist es auch so: Wessen erste Wortmeldung in einem Verein darin besteht, auf Facebook seinen Austritt mitzuteilen, der entzieht sich dem Gespräch. Und wenn jemand anderes in seinem Austrittsschreiben sagt, er habe sich so und so viele Jahre mit Antisemitismus beschäftigt und daher kein Verständnis für ›Wohlfühljuden‹, die ›ihre eigenen Leute zum Ausverkauf‹ anbieten, dann offenbart dies einen moralischen Abgrund, auf dem sich schwerlich ein Gespräch aufbauen lässt.« LINK

nd, Bericht von Peter Nowak, 19. Dezember 2023: »›Der Berlin-PEN lehnt BDS ab.‹ Diesen Satz wiederholte der Vorsitzende der Schriftstellervereinigung Deniz Yücel in seiner Rede zur Eröffnung einer Sitzung des von ihm mitbegründeten hauptstädtischen PEN am Wochenende im Festsaal Kreuzberg mehrfach. Das war keine Überraschung für die Anwesenden, die dessen politische und journalistische Arbeit kennen. (…) Der Verband sei nicht als Gesinnungsgemeinschaft gegründet worden, sagte Yücel. Er setze sich ein für die Meinungs-, Presse und Kunstfreiheit sowie »die Unterstützung für Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt, die verfolgt, verhaftet, gefoltert werden, weil sie von eben diesen Freiheiten Gebrauch gemacht haben.« LINK

Spiegel, Beitrag von Xaver von Cranach, 21. Dezember 2023: »Abschließender Gedanke: Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dem anderen erst einmal zuzugestehen, dass er nichts im Schilde führt. Das wäre dann die dritte Erkenntnis über den Deutschland e.V.: dass vielen in diesem Verein das hermeneutische Wohlwollen abhandengekommen ist. Wer immer nur davon ausgeht, dass er vom Gegenüber über den Tisch gezogen wird, und sei es bloß rhetorisch, der kann keinen Sinn mehr entziffern.« LINK [€]

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